Vergil - Georgica - liber secundus - Deutsche Übersetzung


Georgica - liber secundus



[136-176] - Lob Italiens


Anmerkungen und Hilfen zur Übersetzung



Verse 136-176 - Lob Italiens






140




145




150




155




160




165




170




175

Sed neque Medorum silvae, ditissima terra,
nec pulcher Ganges atque auro turbidus Hermus
laudibus Italiae certent, non Bactra neque Indi
totaque turiferis Panchaia pinguis harenis.
Haec loca non tauri spirantes naribus ignem
invertere, satis immanis dentibus hydri,
nec galeis densisque virum seges horruit hastis;
sed gravidae fruges et Bacchi Massicus umor
implevere; tenent oleae armentaque laeta.
hinc bellator equus campo sese arduus infert,
hinc albi, Clitumne, greges et maxima taurus
victima, saepe tuo perfusi flumine sacro,
Romanos ad templa deum duxere triumphos.
Hic ver adsiduum atque alienis mensibus aestas:
bis gravidae pecudes, bis pomis utilis arbos.
At rabidae tigres absunt et saeva leonum
semina, nec miseros fallunt aconita legentis,
nec rapit immensos orbis per humum neque tanto
squameus in spiram tractu se colligit anguis.
Adde tot egregias urbes operumque laborem,
tot congesta manu praeruptis oppida saxis
fluminaque antiquos subter labentia muros.
An mare, quod supra, memorem, quodque adluit infra?
anne lacus tantos? te, Lari maxime, teque,
fluctibus et fremitu adsurgens Benace marino?
An memorem portus Lucrinoque addita claustra
atque indignatum magnis stridoribus aequor,
Iulia qua ponto longe sonat unda refuso
Tyrrhenusque fretis immittitur aestus Avernis?
Haec eadem argenti rivos aerisque metalla
ostendit venis atque auro plurima fluxit.
haec genus acre virum, Marsos pubemque Sabellam
adsuetumque malo Ligurem Volscosque verutos
extulit, haec Decios Marios magnosque Camillos,
Scipiadas duros bello et te, maxime Caesar,
qui nunc extremis Asiae iam victor in oris
imbellem avertis Romanis arcibus Indum.
Salve, magna parens frugum, Saturnia tellus,
magna virum: tibi res antiquae laudis et artis
ingredior sanctos ausus recludere fontis,
Ascraeumque cano Romana per oppida carmen.


Aber weder die Wälder der Meder, ein äußerst reiches Land, noch der schöne Ganges, noch der durch Gold getrübte Hermus können um das Lob Italiens wetteifern, nicht Bactra, nicht die Inder und nicht Panchaia, reich an weihrauchbringendem Sand.
Diese Gegend pflügten keine Stiere, die mit ihren Nasen Feuer ausatmeten, und an keiner Saat von Männern starrten, nach dem Einsäen von Zähnen einer gewaltigen Schlange, Helme und dicht gereihte Speere empor;
Aber üppige Früchte und massischer Wein des Bacchus erfüllten diese Gegend; Oliven und fröhliche Stiere hielten sie besetzt.
Von hier stürzt sich das Streitross steil aufs Feld, von hier, Clitumnus, führten die weiße Schafe und der Stier, das größte Opfertier, oft in deinem heiligen Flusse sich gebadet, römische Triumphe zu den Tempeln der Götter.
Hier herrscht ein beständiger Frühling und Sommer ist in Monaten, die nicht zum Sommer gehören:
Zweimal ist das Vieh trächtig, zweimal trägt der Baum Früchte.
Aber reißende Tiger und wilde Löwensprösslinge gibt’s nicht, und Wolfswurz täuscht die elenden Sammler nicht, und weder macht die schuppige Schlange in rascher Bewegung riesige Kreise durch den Sand noch versammelt sie sich mit so großem Zug in einem Ringel.
Füg hinzu so viele außergewöhnliche Städte und die Mühe für ihre Bauten, so viele Städte, die in Handarbeit an vorn abgebrochenen Felshängen aufgebaut worden sind, und so viele Flüsse, die unter alten Mauern hindurchfließen.
Oder soll ich vom Meer erzählen, was oberhalb und was unterhalb anspült?
Oder etwa von den so großen Seen? Von dir, größter Larius, und von dir, du mit den Fluten und dem Brausens des Meeres aufsteigender Benacus?
Oder soll ich von den Häfen erzählen und vom Damm, der dem Lucrinus hinzugefügt, und dem sich mit gewaltigem Brausen entrüstenden Meer, da wo das julische Wasser durch den Einstrom des Meeres weithin erschallt, und die tyrrhenische Flut in den avernischen Kanal hineinfließt?
Eben dieses Land bot in seinen Adern Flüsse von Silber und Erzmetalle und triefte an sehr vielen Stellen von Gold.
Dieses brachte einen tatkräftigen Schlag von Männern hervor, die Marser, das sabinische Volk, den an Mühsal gewöhnten Ligurer und die mit Spießen bewaffneten Volsker, die Dezier, Marier und die berühmten Kamiller, die im Krieg starken Scipiaden und dich, allmächtiger Caesar, der du jetzt gerade als Sieger an den äußersten Küsten Asiens den kriegsuntüchtigen Inder von römischen Festen fernhältst.
Heil dir, mächtige Mutter der Früchte, Saturnische Erde, mächtige Erzeugerin der Männer: für dich mache ich mich an Themen alter Lobdichtung und wage es heilige Quellen zu öffnen, und singe das askräische Lied durch die römischen Kleinstädte.




Anmerkungen und Hilfen zur Übersetzung


(138)
laudibus Italiae certent : certent (potentialis) hier mit Dativ laudibus

(140-143)
Haec loca non tauri spirantes naribus ignem
invertere satis immanis dentibus hydri
nec galeis densisque virum seges horruit hastis
: Anspielung auf eine Episode aus der Argonautensage; cf. Ov. met. 7, 110 sqq.

(144)
implevere […] tenent : add. haec loca

(146-147)
maxima […] victima : appositiv zu taurus

(147)
perfusi : medial

(149)
alienis mensibus aestas : sc. aestas est alienis mensibus ab aestate

(150)
bis pomis utilis arbos : i. e. arbores sunt biferae poma

(152)
aconita : von aconitum, eine auch als Eisenhut oder Akonit bekannte Giftpflanze; der Sage nach aus dem Geifer des Zerberus entstanden, cf. Ov. met. 7, 408 sqq.

(154)
colligit : Verben des Versammelns im Lat. mit einer Richtungsangabe (hier in spiram)

(156)
praeruptis […] saxis : Ablativus absolutus

(158)
An mare, quod supra, memorem, quodque adluit infra? : disp. An mare memorem, quod supra quodque adluit infra? (sc. mare tyrrhenum et adriaticum); dubitativer Konjunktiv

(159-160)
Lari […] Benace : Vokative von Larius (der Comer See) und Benacus (der Gardasee)

(161-164)
An memorem portus Lucrinoque addita claustra
atque indignatum magnis stridoribus aequor,
Iulia qua ponto longe sonat unda refuso
Tyrrhenusque fretis immittitur aestus Avernis?
: Der Lukriner See liegt direkt an der nördlichen Seite des Golfs von Neapel. Ein künstlich angelegter Damm trennte ihn fast vollständig vom Tyrrhenischen Meer ab. Dieser Damm wurde angelegt, als Vepsanius Agrippa im Jahr 37 v. Chr. im Lukriner See einen Hafen bzw. Flottenstützpunkt, den sog. Portus Iulius, errichten ließ, um eine Flotte gegen Sextus Pompeius aufzubauen. Im gleichen Zug wurde ein Kanal vom wenige Kilometer weiter nördlich gelegenen Averner See zum Lukriner See installiert. Dieser sollte für einen einen adäquaten Wasserspiegel im Portus Iulius sorgen und den Materialtransport dorthin vereinfachen. Agrippa wählte diesen geschützten und abgelegenen Ort für den Bau des Hafens, um seine maritime Aufrüstung vor Sextus geheim zu halten. Er sollte in seiner Hoffnung nicht getäuscht werden.

(162)
indignatum : gleichzeitig

(163)
Iulia […] unda : bildlich für den Pontus Iulius
ponto […] refuso : wahrscheinlich ist damit die Ebbe gemeint; wenn sich das Meer zurückzieht, fließt das Wasser brausend aus dem See

(164)
immittitur : medial

(165)
Haec eadem : sc. Italia
aerisque metalla : unter aes verstand der Römer vornehmlich Kupfer und Eisen bzw. die Kupferlegierung Bronze; somit sind neben Gold und Silber in diesen beiden Versen alle wichtigen Metalle vertreten; metalla kann auch Bergwerke heißen

(166)
plurima : prädikativ zu haec eadem, im Dt. adverbial

(172)
avertis : 2. Pers. Sg. Von avertere

(174)
res antiquae laudis et artis : Hendiadyoin: Gegenstände „alter lobender Dichtkunst“, gemeint ist die Landwirtschaft; Vergil knüpft an den Anfang seines Gedichts an.

(176)
Ascraeumque […] carmen : Die Rede ist vom epischen Lehrgedicht „Werke und Tage“ des Hesiod, der Askra als zweite Heimat hatte. Sein Lehrgedicht behandelte u. A. landwirtschaftliche Themen.



Druckbare Version
Seitenanfang nach oben