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Konsekutivsätze |
Konsekutivsätze (v. lat. consequi "folgen") sind Nebensätze, die eine Konsequenz, also eine Folge bzw. Wirkung, ausdrücken. Im Lateinischen werden sie meistens mit "ut" (dass, sodass) eingeleitet. Ähnlich wie bei den Finalsätzen, wo es finale Subjekt- und Objektsätze und adverbiale Finalsätze gibt, so muss auch bei den Konsekutivsätzen zwischen wirklichen Konsekutivsätzen und zwischen solchen, die zwar morphologisch wie Konsekutivsätze aussehen, aber keine Adverbiale, sondern ein Subjekt bzw. Objekt verkörpern, unterschieden werden.
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Konsekutive Adverbialsätze mit ut und quin
reale Konsekutivsätze
mit ut
Konsekutivsätze werden mit "ut" (verneint "ut non") eingeleitet und folgen im Allgemeinen der c.t. konjunktivischer Nebensätze. Übersetzt werden sie mit "sodass, dass", wobei sich häufig ein "so" (ita, sic, tam o. Ä.) im Hauptsatz findet, welches mit dem "dass" (ut) des Konsekutivsatzes korreliert.
Pugnatur [hist. Präs.] acriter ad novissimum agmen, adeo ut paene terga convertant. | Im hinteren Teil des Heeres wurde heftig gekämpft, sodass sie beinahe geflohen wären. | Memoria tanta (sc. Hortensio erat), ut, quae secum commentatus esset, ea sine scripto verbis eisdem redderet, quibus cogitavisset. | Hortensius hatte ein so gutes Gedächtnis, dass er das, was er einstudiert hatte, ohne Aufzeichnung mit denselben Worten wiedergeben konnte, mit denen er es erdacht hatte. | Erant omnino itinera duo, quibus itineribus domo exire possent: unum per Sequanos, angustum et difficile, inter montem Iuram et flumen Rhodanum, vix qua singuli carri ducerentur, mons autem altissimus impendebat, ut facile perpauci prohibere possent. | Es gab nur zwei Wege, auf welchen sie ihre Heimat verlassen konnten: Der eine ging durch das Gebiet der Sequaner, eng und schwer zu passieren, zwischen dem Iuragebirge und der Rhone, wo kaum einzelne Wagen gezogen werden konnten, wo ein riesiges Gebirge über dem Haupt schwebte, sodass ein paar wenige Leute leicht dazu imstande waren, den Durchgang zu verwehren |
Anmerkung: Wenn die Folge für die Gegenwart des Sprechers gültig ist bzw. vom Standpunkt der Gegenwart (als abgeschlossen) beurteilt wird, dann kann die Tempuswahl losgelöst vom Tempus des Hauptsatzes erfolgen (cf. consecutio temporum). Daher begegnet dann im Konsekutivsatz - trotz Vergangenheitstempus im übergeordneten Satz - auch häufiger der Konjunktiv Präsens oder Perfekt.
Verres per triennum ita siciliam vexavit ac perdidit, ut ea restitui in antiquum statum nullo modo possit. | Verres hat innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren Sizilien derart beschädigt und zugrunde gerichtet, dass es auf keine Art wieder in den alten Stand gesetzt werden kann. | Equites hostium essedariique acriter proelio cum equitatu nostro in itinere conflixerunt, ita tamen, ut nostri omnibus partibus superiores fuerint atque eos in silvas collesque compulerint. | Die feindlichen Reiter und Wagenkämpfer gerieten mit unserer Reiterei auf dem Weg in einen heftigen Kampf, doch so, dass unsere Männer überlegen waren und die Feinde in Wälder und Höhen zurückstießen. |
mit quin
Nach negativem Hauptsatz kann quīn in der Bedeutung "so dass nicht" stehen (cf. die Erläuterungen zu quīn im Kapitel der Finalsätze sowie hier in Kap. 3.γ Konsekutive Relativsätze). Häufig muss quīn allerdings mit "ohne dass" wiedergegeben werden. In diesem Fall entspricht der quīn-Satz - zumindest vom Deutschen aus betrachtet - einem Modalsatz.
Cotidie enim magnus undique navium numerus conveniebat, quae commeatum supportarent, neque ullus flare ventus poterat quin aliqua ex parte secundum cursum haberent (sc. naves). | Eine große Zahl von Schiffen, die Proviant bringen sollten, kam täglich von überall her zusammen und kein Wind hätte wehen können, sodass sie nicht mindestens zu irgendeinem Teil eine gute Fahrt gehabt hätten. (d.h. irgendein Wind war immer secundus, weil die Schiffe ja aus allen Himmelsrichtungen kamen) |
irreale Konsekutivsätze
Wenn ein Konsekutivsatz keine real eingetretene bzw. eintretende Folge bezeichnet, sondern das, was als Konsequenz der Hauptsatzhandlung eben nicht eintreten kann bzw. konnte, spricht man von irrealen Konsekutivsätzen. Die formulierte Folge ist rein hypothetisch (lat. "quam ut", dt. "als dass"). Im Deutschen steht - wie man dem Namen nach bereits erwartet darf - in diesen Sätzen generell der Irrealis (Konjunktiv II Präteritum oder Plusquamperfekt). Der Lateiner hingegen macht zwischen realen und irrealen Konsekutivsätzen keinen Unterschied. Die Tempusgebung erfolgt in den irrealen Konsekutivsätzen also gemäß der c.t. oder absolut - es steht kein irrealer Konjuktiv. Irrealen Konsekutivsätzen geht die Bezeichnung eines zu hohen Maßes an irgendetwas im Hauptsatz voran. Im Lat. wird dafür der Komparativ (z.b. fortior "zu tapfer") benutzt.
Potentius iam esse id malum apparuit, quam ut minores per magistratus sedaretur. | Dieses Übel schien zu groß, als dass es durch geringere Magistrate beseitigt worden wäre. | Quis enim eorum, qui haec minora animadvertunt, non intellegit Canachi signa rigidiora esse, quam ut imitentur veritatem? | Denn wer von denjenigen, die diese geringeren Dinge bemerken, weiß nicht, dass die Statuen des Canachus zu starr sind, als dass sie die Wirklichkeit nachahmen würden? | Quod [= Id] praeceptum quia maius erat, quam ut ab homine videretur (sc. esse), idcirco assignatum est deo. | Weil dieses Gebot zu erhaben war, als dass es von einem Menschen zu kommen schien, hat man es daher einem Gott zugeschrieben. (das Dt. erlaubt auch "zu erhaben, um ... zu kommen") | Non enim libenter erat (sc. Chabrias) ante oculos suorum civium, quod et vivebat laute et indulgebat sibi liberalius, quam ut invidiam vulgi posset effugere. | Denn Chabrias weilte nicht gern unter seinen Mitbürgern, weil er stets stattlich lebte und sich zu stark gehen ließ, als dass er dem Neid der Menge hätte entgehen können. |
Konsekutive Subjekt- und Objektsätze mit ut
Nach bestimmten Verben und Ausdrücken verkörpern konsekutive ut-Sätze keine Folge, sondern ein Subjekt oder Objekt zum übergeordneten Verb.
konsekutive Subjektsätze
Konsekutive Subjektsätze folgen auf unpersönliche Ausdrücke mit esse und auf unpersönlich gebrauchte Verben. Dies sind vornehmlich:
unpersönliche Ausdrücke mit esse | unpersönlich gebrauchte Verben | mos / consuetudo est | es ist Sitte, Brauch | accidit, (e)venit, fit | es geschieht, ereignet sich | facilis / difficilis est | es ist (wäre) leicht / schwierig | nascitur / sequitur (ex eo) | daraus folgt | *tantum abest (+ 2x ut) | so weit entfernt | contingit alicui | es wird jmd. zuteil | reliquum est | es bleibt noch | potest | es kann sein |
Persaepe evenit, ut utilitas cum honestate certet. | Sehr oft geschieht es, dass Nutzen mit Ehrenhaftigkeit wettstreitet. | Est consuetudo Siculorum ceterorumque Graecorum, quod suos dies mensisque congruere volunt cum solis lunaeque ratione, ut non numquam, si quid discrepet, eximant unum aliquem diem aut summum biduum ex mense, quos illi exaeresimos dies nominant. | Bei den Sizilianern und übrigen Griechen ist es Sitte, dass sie - weil sie wünschen, dass ihre Tage und Monate mit dem Lauf der Sonne und des Mondes übereinstimmen, manchmal, wenn irgendetwas in Widerspruch stehen sollte, einen oder höchstens zwei Tage des Monats streichen, die sie ausgeschiedene nennen. | His rebus fiebat, ut et minus late vagarentur et minus facile finitimis bellum inferre possent. | Dadurch kam es, dass die Helvetier einerseits weniger weitläufig umherschweiften, andererseits ihre Nachbarn weniger leicht bekriegen konnten. | Est miserorum, ut malevolentes sint. [vorklassisch] | Mißgünstig zu sein, ist eine typische Eigenschaft unglücklicher Menschen. | *Ego vero istos otii, concordiae, legum, iudiciorum, libertatis inimicos tantum abest ut ornem, ut (wirklich konsekutiv) effici non possit, quin eos tam oderim, quam rem publicam diligo. | Ich bin so weit davon entfernt, diese Feinde der Eintracht, der Gesetze, der Gerichte und der Freiheit zu ehren, dass es nicht erwirkt werden kann, dass ich sie nicht so hasse, wie ich den Staat liebe. | Reliquum est, ut de felicitate timide et pauca dicamus | Nun bleibt es noch, behutsam ein paar Worte über das Glück zu machen. [Zum Schluss ein paar behutsame Worte über das Glück.] |
* Die Konstruktion mit tantum abest erklärt sich folgendermaßen: Ein ut-Satz stellt das Subjekt zu tantum abest, der andere bezeichnet die wirkliche Folge dessen. In Bezug auf das obige Beispiel würde die wörtliche Übersetzung daher lauten "Dass ich diese Feinde ... ehre, ist so weit entfernt, dass es nicht erwirkt werden kann, dass ich sie nicht so hasse wie ich den Staat liebe."
konsekutive Objektsätze
Nach den verba effeciendi sind die ut-Sätze, je nachdem, ob sie eine Absicht oder Folge bezeichnen, als finale oder konsekutive Objektsätze zu klassifizieren. Eindeutig erkennen kann man dies nur in negativen Sätzen, da Finalsätze regulär mit ne, Konsekutivsätze regulär mit ut non verneint werden.
Potestis enim efficere ut male moriar, ut non moriar non potestis. | Ihr könnte nämlich bewirken, dass ich auf üble Weise sterbe: dass ich nicht sterbe, könnt ihr nicht bewirken. | Splendor vester facit, ut peccare sine summo rei publicae detrimento ac periculo non possitis. | Euer Glanz bewirkt, dass ihr keinen Fehler ohne größten Schaden und Gefahr für den Staat begehen könnt. | Aegre retentis Domitianis militibus factum est, ne proelio contenderetur. | Mühevoll hielt Domitian seine Soldaten zurück und bewirkte, dass nicht gekämpft würde. |
Konsekutive Relativsätze
Relativsätze können einen konsekutiven Nebensinn enthalten. Dies ist dann der Fall, wenn die Aussage des Relativsatzes als Folge der Beschaffenheit seines Bezugswortes hingestellt wird. Konsekutive Relativsätze stehen im Konjunktiv und folgen den Zeitengebungsregeln der Konsekutivsätze. Auch wenn das Deutsche meistens dazu tendiert, den konsekutiven Nebensinn nicht auszudrücken, sollte bei der Übersetzung dennoch immer kontextual entschieden werden, ob mit einem Relativ- oder einem Konsekutivsatz übersetzt wird. Im letzten Falle gelten die Entsprechungen qui = ut is (ii) / quos = ut eos et cetera.
Mox celebratio annua ad praetorem translata, cui inter civis et peregrinos iurisdictio evenisset. | Bald darauf wurde die jährliche Feier auf denjenigen Prätor übertragen (der von solcher Beschaffenheit war), dem (dass ihm) die Rechtsprechung zwischen Bürgern und Nicht-Bürgern oblag. | Hic, hic sunt in nostro numero, patres conscripti, qui de nostro omnium interitu cogitent. | Hier, ja hier unter uns, verehrte Senatoren, gibt es Menschen, die auf unser aller Untergang sinnen. | Sermo est copiosus et varius, dulcis in primis, et, qui repugnantes quoque ducat impellat. | Seine Rede ist ausführlich und facettenreich, besonders angenehm, und ist von solcher Beschaffenheit, dass sie sogar Widersprechende an sich zieht und mit sich reißt. |
Konsekutive Relativsätze stehen überdies häufig:
nach jenen Pronomina und Adverbien, die auch mit dem konsekutiven ut korrelieren
Nam est innocentia affectio talis animi, quae noceat nemini. | Unschuld ist nämlich ein Affekt des Geistes, der niemandem schadet. | Nulla est tanta vis, quae non ferro ac viribus frangi possit. | Keine Kraft ist so groß, dass sie nicht durch Schwert und Streitkräfte gebrochen werden könnte. | Ecquem tam amentem esse putas, qui illud, quo vescatur, deum esse credat? | Wen hältst du für so wahnsinnig, dass er glaubt, jenes, was er verspeise, sei ein Gott? |
nach is, ea, id (hic, haec, hoc) wenn diese talis, -e entsprechen
Nam est innocentia affectio talis animi, quae noceat nemini. | Unschuld ist nämlich ein Affekt des Geistes, der niemandem schadet. | Neque enim tu is es, qui, qui sis, nescias. | Du bist nämlich nicht so einer, dass du nicht weißt, wer du bist. | Quid huic sacri umquam fore aut quid religiosi fuisse putatis, qui nunc tanto scelere se obstrictum esse (resultativ) non sentiat, | Was glaubt, wird einem solchen jemals heilig sein oder heilig gewesen sein, der nicht einmal jetzt begreift, dass er mit einem so großen Verbrechen belastet wird? |
nach negativen und fragenden Ausdrücken
Vix ego Saturno quemquam regnante videbam cuius non animo dulcia lucra forent. | Unter Saturnus Herrschaft sah ich kaum einen, der keinen süßen Reichtum in seinem Herzen hatte. | Nulla est celeritas, quae possit cum animi celeritate contendere. | Es gibt keine Schnelligkeit, die mit der Schnelligkeit des Geistes wettstreiten kann. | Dicam de ceteris, quorum nemo erat, qui videretur exquisitius quam volgus hominum studuisse litteris; nemo, qui philosophiam complexus esset matrem omnium bene factorum beneque dictorum; nemo, qui ius civile didicisset; nemo, qui memoriam rerum Romanarum teneret. | Ich will über die Übrigen sprechen, von denen es niemanden gab, der sich vorzüglicher als die Masse der Menschen mit den Wissenschaften befasst zu haben schien; niemanden, der die Philosophie als Mutter aller guten Handlungen und Worte aufgefasst hatte; niemanden, der Zivilrecht studiert hatte; niemanden, der die römische Geschichte im Gedächtnis hatte. | Quis est enim, qui hoc non intellegat, nisi Caesar exercitum paravisset, non sine exitio nostro futurum Antoni reditum fuisse? | Wen gibt es nämlich, der nicht einsieht, dass, wenn Caesar kein Heer aufgestellt hätte, die Rückkehr des Antonius unseren Untergang bedeutet hätte? |
Anmerkung: Wenn der Relativsatz ebenfalls verneint ist, kann auch quīn statt qui non (seltener statt quae non, quod non) stehen.
Nego ullam picturam neque in tabula neque in textili, quin [= qui non sc. Verres] conquisierit, inspexerit, quod placitum sit, abstulerit. | Ich sage, dass es nicht irgendein Bild, weder auf einem Gemälde noch auf einem Tuch, gegeben hat, was Verres nicht aufspürte, inspizierte und fortschaffte, wenn es ihm gefallen hat. | Quae dico signa, antequam abs te sublata sunt, Messanam cum imperio nemo venit, quin [= qui non] viserit. | Es gibt keine Schnelligkeit, die mit der Schnelligkeit des Geistes wettstreiten kann. | Nulla est civitas, quin [= quae non] ad id tempus partem senatus Cordubam mitteret. | Es gibt keine Gemeinde, die zu dieser Zeit nicht einen Teil ihres Senats nach Corduba schickte. | Nulla Thessaliae fuit civitas praeter Larisaeos, qui magnis exercitibus Scipionis tenebantur, quin [= qui non] Caesari parerent atque imperata facerent (der Plural ist eine constructio ad sensum) | Abgesehen von den Larisäern, die durch Scipios große Heere besetzt gehalten wurden, gab es keine Gemeinde, die nicht Caesar gehorchte und seine Befehle befolgte. |
nach Komparativen, die ein zu hohes Maß bezeichnen
Relativsätze können auch einem irrealen Konsekutivsatz entsprechen (cf. Kap. 1.β). In diesem Fall muss mit einem irrealen Konsekutivsatz übersetzt werden. Das Relativpronomen ist wie ein entsprechendes Demonstrativpronomen zu behandeln.
Maior sum, quam cui [= ut ei sc. mihi] possit fortuna nocere. | Ich bin zu groß, als dass mir das Schicksal schaden könnte. | Non longius hostes aberant, quam quo [= ut eo] telum adigi posset. | "Die Feinde waren nicht zu weit weg, als dass ein Geschoß dorthin hätte gelangen können." = Die Feinde waren auf Wurfweite heran. | Campani Maiora in defectione deliquerant, quam quibus [= ut eis] ignosci posset. | Die Kampaner hatten bei ihrem Abfall zu schwere Verbrechen verübt, als dass ihnen hätte verziehen werden können. | Maiores et magis ramosas arbores caedebant, quam quas [= ut eas] ferre cum armis miles posset. | Sie fällten zu große und zu astreiche Bäume, als dass Soldaten in Bewaffnung sie hätten tragen können. |
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