Das Partizip Futur Aktiv hat zwei Eigenschaften, die sich auch in der Übersetzung niederschlagen müssen.
Das PFA ist
nachzeitig und
aktivisch. Es muss demnach nachzeitig zu der Zeit übersetzt werden, in welcher das übergeordnete Verb steht. Im Deutschen kann das PFA nur unter Zuhilfenahme anderer Verben konstruiert oder in einem Nebensatz aufgelöst werden. Eine Übersetzung mit
wollen ist oftmals sehr passend.
Bildung des Partizip Futur Aktiv
Dekliniert wird das PFA wie die Adjektive der A- und O-Deklination. Es wird gebildet, indem zwischen den Stamm des
Partizip Perfekt Passiv und die
Kasusendung das Suffix
-ur geschoben wird.
| Singular | Plural |
Kasus | Mask. | Fem. | Neutr. | Mask. | Fem. | Neutr. |
Nominativ | am-a-t-ur-us | am-a-t-ur-a | am-a-t-ur-um | am-a-t-ur-i | am-a-t-ur-ae | am-a-t-ur-a |
Genitiv | am-a-t-ur-i | am-a-t-ur-ae | am-a-t-ur-i | am-a-t-ur-orum | am-a-t-ur-arum | am-a-t-ur-orum |
Dativ | am-a-t-ur-o | am-a-t-ur-ae | am-a-t-ur-o | am-a-t-ur-is | am-a-t-ur-is | am-a-t-ur-is |
Akkusativ | am-a-t-ur-um | am-a-t-ur-am | am-a-t-ur-um | am-a-t-ur-os | am-a-t-ur-as | am-a-t-ur-a |
Ablativ | am-a-t-ur-o | am-a-t-ur-a | am-a-t-ur-o | am-a-t-ur-is | am-a-t-ur-is | am-a-t-ur-is |
Die Übersetzung lateinischer Partizipien ins Deutsche
Hat ein Partizip ein Bezugswort (das Partizip steht in KNG-Kongruenz zu diesem), so spricht man von einem
Participium Coniunctum. Innerhalb dieses P.C. können sich Objekte oder andere Satzglieder befinden, die vom Partizip abhängen. Die Übersetzungsmöglichkeiten lateinischer Partizipialkonstruktionen sind sehr vielfältig. Sie lassen sich in vier Gruppen kategorisieren und sollen am folgenden Beispielsatz erläutert werden:
Cives auxilium petituri ad consulem adierunt. |
|
Participium Coniunctum |
Von den Partizipien bereitet das Partizip Futur Aktiv die größten Schwierigkeiten beim Übersetzen. Es aufgrund seines nachzeitigen Charakters schlicht mit einem Futur auszudrücken ist oftmals nicht passend; Einerseits kann durch ein Futur die Nachzeitigkeit zu einer übergeordneten Handlung, die sich in der Vergangenheit abspielt, nicht korrekt ausgedrückt werden und andererseits setzt ein Futur ein Ereignis für die Zukunft als unabdingbar fest: es wird in jedem Falle eintreten.
Ein PFA drückt jedoch meist einen Plan oder eine Absicht aus. Pläne und Absichten haben von sich aus einen futurischen Charakter. Es bietet sich daher an, das PFA mit einer Form von
wollen zu übersetzen, welches die Nachzeitigkeit zu jeder beliebigen übergeordneten Handlung ausdrücken kann. Ein
Finalsatz ist ebenso gut möglich. Das folgende Beispiel verweist auf die Problematik:
Cives oraturi templum inibant. | [Die Bürger, die beten werden, betraten den Tempel.] |
Ein Futur neben einem Imperfekt ist logisch sowie grammatikalisch nicht zu vertreten. Der Leser würde denken, dass die Bürger bezogen auf die Gegenwart künftig beten würden, respektive noch gar nicht gebetet haben!
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Cives oraturi templum inibant. | Die Bürger, die beten wollten, betraten den Tempel. |
Cives oraturi templum inibant. | Die Bürger betraten den Tempel, um zu beten. |
In diesen beiden Beispielen wird deutlich, dass die Handlung des PFA (beten) nachzeitig zu derjenigen des Verbs (betreten) stattfindet. |
- Wörtliche Übersetzung
Da es im Deutschen kein Partizip Futur Aktiv gibt, ist eine wörtliche Übersetzung nur möglich, indem man Hilfsverben benutzt. In diesem Fall werden bzw. wollen. Durch die Wortstellung sind viele Variationen und Pointierungen möglich.
Cives auxilium petituri ad consulem adierunt. |
- attributiv (I)
Die Hilfe erbitten werdenden / wollenden Bürger wendeten sich an den Konsul. | |
- attributiv (II)
Die Bürger, Hilfe erbitten werdend / wollend, wendeten sich an den Konsul. | |
- prädikativ
Hilfe erbitten werdend (= als Hilfe erbitten werdende / wollende), wendeten sich die Bürger an den Konsul. | |
- Unterordnung (durch Subjunktion oder Relativpronomen)
Subjunktionen sind Wörter, die einen Satz unterordnen, also einen Nebensatz einleiten. Hat ein Nebensatz die Funktion einer adverbialen Bestimmung, so spricht man von einem adverbialen Nebensatz. Für die Übersetzung lateinischer Partizipien sind beinahe alle adverbialen Nebensätze möglich (ausgenommen konsekutiv), wobei sich beim PFA eine Auflösung über einen Finalsatz anbietet.
- Adverbialsatz
- Finalsatz
Um Hilfe zu erbitten, wendeten sich die Bürger an den Konsul. | |
- Kausalsatz
Weil sie Hilfe erbitten wollten, wendeten sich die Bürger an den Konsul. | |
- Konzessivsatz
Obgleich sie Hilfe erbitten wollten, wendeten sich die Bürger an den Konsul. | |
- Temporalsatz
[Bevor sie Hilfe erbaten, wendeten sich die Bürger an den Konsul.] | |
- Relativsatz
Die Bürger, die Hilfe erbitten wollten, wendeten sich an den Konsul, | |
- Beiordnung (durch Konjunktion)
Beiordnen meint das Übersetzen des Partizips als eigenständigen Hauptsatz. Das Partizip wird dabei als finites Verb übersetzt. Bei der Beiordnung kann oder sollte sogar ein Adverb gesetzt werden, um ggf. den adverbiellen Nebensinn des Participium Coniunctum auszudrücken.
- kausaler Nebensinn
Die Bürger wollten Hilfe erbitten. Deshalb wendeten sie sich an den Konsul. | |
- temporaler Nebensinn
Die Bürger wendeten sich an den Konsul und wollten dann Hilfe erbitten. |
- Einordnung (durch Präpositionalausdruck)
Auch bei der Einordnung mittels einer Präposition können diverse adverbiale Nebensinne ausgedrückt werden. Das Partizip wird in diesem Fall durch ein Substantiv übersetzt, das dem Verb, von dem das Partizip stammt, nahesteht. In einigen Partizipialkonstruktionen ist diese Übersetzungen sogar die einzig sinvolle, siehe dominantes Partizip.
- finaler Nebensinn
Zwecks des Erbittens von Hilfe wendeten sich die Bürger an den Konsul. | |
Anmerkungen:
I. Es sei darauf hingewiesen, dass nicht jedes Partizip mit jedem adverbialen Nebensatz sinnvoll übersetzbar ist. Genauso ist aber auch eine wörtliche Übersetzung nicht immer angebracht. Es kommt eben darauf an, ob das Partizip attributiv, adverbial oder prädikativ gebraucht wird.
Auch eine Verwendung des Partizips als Prädikatsnomen ist möglich:
Ego sum amans - ich bin liebend (~ in Liebe) |
oder als Objektsprädikativ (siehe
AcP):
in libro facit eum necantem - in seinem Buch macht er ihn tötend (~ er lässt ihn in seinem Buch töten) |
II. Die Übersetzung eines PC mittels eines Relativsatzes ist syntaktisch gesehen ebenfalls als attributiv zu klassifizieren.