Cicero - Oratio Philippica prima - Erste Philippische Rede gegen Antonius - Deutsche Übersetzung [Kap. 16-30]


Oratio Philippica prima - Erste Philippische Rede [Kap. 16-30]



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Übersetzung nach M. Wollschläger


16.


[16] Primum igitur acta Caesaris servanda censeo, non quo probem (quis enim id quidem potest?), sed quia rationem habendam maxime arbitror pacis atque otii. Vellem adesset M. Antonius, modo sine advocatis (sed, ut opinor, licet ei minus valere, quod mihi heri per illum non licuit); doceret me vel potius vos, patres conscripti, quem ad modum ipse Caesaris acta defenderet. An in commentariolis et chirographis et libellis [se] uno auctore prolatis, [ac] ne prolatis quidem, sed tantum modo dictis, acta Caesaris firma erunt; quae ille in aes incidit, in quo populi iussa perpetuasque leges esse voluit, pro nihilo habebuntur?


[16] Zuerst also meine ich, dass die Verfügungen Caesars erhalten werden müssen, nicht weil ich sie billigen würde – wer nämlich kann dies? – sondern weil ich besonders glaube, dass wir Rücksicht nehmen müssen auf den Frieden und die Ruhe. Ich wollte, Antonius wäre anwesend, nur ohne seine Anwälte – aber, wie ich meine, es ist diesem erlaubt, krank zu sein, was mir gestern durch jenen nicht erlaubt war – ich wollte, er würde mir oder vielmehr euch erklären, verehrte Senatoren, auf welche Weise er selbst die Verfügungen Caesars verteidigt. Oder werden die Verfügungen Caesars sicher sein in den Entwürfen sowohl die mit der eigenen Hand geschriebenen als auch die Büchlein, die von ihm als einzigem Urheber veröffentlicht worden waren, die nicht einmal veröffentlicht, sondern nur gesagt worden waren: diese Verordnungen, die jener in Erz hineingeschnitten hat, auf dem er wollte, dass es Anordnungen des Volkes und ewige Gesetze sind, werden für nichts erachtet?

17.


[17] Equidem existimo nihil tam esse in actis Caesaris quam leges Caesaris. An, si cui quid ille promisit, id erit fixum, quod idem facere non potuit? ut multis multa promissa non fecit; quae tamen multo plura illo mortuo reperta sunt quam a vivo beneficia per omnis annos tributa et data. Sed ea non muto, non moveo; summo studio illius praeclara acta defendo. Pecunia utinam ad Opis maneret! cruenta illa quidem, sed his temporibus, quoniam iis, quorum est, non redditur, necessaria.


[17] Ich jedenfalls meine, dass nichts so zu den Verordnungen Caesars gehört wie die Gesetze Caesars. Oder, wenn jener irgendjemandem etwas versprach, soll dieses feststehen, was er selbst nicht tun konnte? Auch wenn er vielen viele Dinge, die er versprochen hatte, nicht tat: diese wurden dennoch um vieles mehr gefunden, nachdem er gestorben war, als Wohltaten von ihm, als er gelebt hat, alle Jahre hindurch verliehen und gewährt worden waren. Aber ich ändere diese nicht, bewege sie nicht: mit größtem Eifer verteidige ich die hochberühmten Verordnungen von diesem. Bliebe das Geld bei Ops doch geblieben! Jene sind zwar blutig, aber in diesen Zeiten, weil sie denen, denen es gehört, nicht zurückgegeben werden, notwendig. Allerdings könnten diese auch vergeudet worden sein, wenn es so in den Verordnungen stand.

18.


[18] Quamquam ea quoque effusa, si ita in actis fuit. Ecquid est, quod tam proprie dici possit actum eius, qui togatus in re publica cum potestate imperioque versatus sit, quam lex? Quaere acta Gracchi; leges Semproniae proferentur. Quaere Sullae; Corneliae. Quid? Pompei tertius consulatus in quibus actis constitit? Nempe in legibus. De Caesare ipso si quaereres, quidnam egisset in urbe et in toga, leges multas responderet se et praeclaras tulisse, chirographa vero aut mutaret aut non daret, aut, si dedisset, non istas res in actis suis duceret. Sed haec ipsa concedo; quibusdam etiam in rebus coniveo; in maximis vero rebus, id est in legibus, acta Caesaris dissolvi ferendum non puto.



[18] Oder was ist es anderes, was so im eigentlichen Sinne Verordnung dessen genannt werden kann, der mit einer Toga bekleidet im Staat mit der Macht und der Herrschaft verweilt, als ein Gesetz? Frage nach den Anordnungen des Gracchus: die Sempronischen Gesetze werden dir vorgelegt werden; frage nach den Anordnungen Sullas: es werden dir die Cornelischen Gesetze vorgelegt werden. Was? In welchen Verordnungen bestand das dritte Konsulat des Pompeius? Freilich in Gesetzen. Wenn du Caesar selbst fragen würdest, was er denn in der Stadt und in der Toga gemacht habe, würde er antworten, dass er viele vortreffliche Gesetze erlassen habe, aber seine handschriftlichen Aufzeichnungen würde er lieber ändern oder nicht geben oder, wenn er sie gegeben hätte, würde er diese Dinge nicht zu seinen Verordnungen zählen. Aber dies selbst räume ich ein; bei gewissen Sachen drücke ich sogar die Augen etwas zu. Aber bei sehr wichtigen Sachen, das heißt bei Gesetzen, glaube ich nicht, dass man es dulden darf, dass die Verordnungen Caesars aufgelöst werden.





19.


[19] Quae lex melior, utilior, optima etiam re publica saepius flagitata, quam ne praetoriae provinciae plus quam annum neve plus quam biennium consulares obtinerentur? Hac lege sublata videnturne vobis posse Caesaris acta servari? Quid? lege, quae promulgata est de tertia decuria, nonne omnes iudiciariae leges Caesaris dissolvuntur? Et vos acta Caesaris defenditis, qui leges eius evertitis? Nisi forte, si quid memoriae causa rettulit in libellum, id numerabitur in actis et, quamvis iniquum et inutile sit, defendetur; quod ad populum centuriatis comitiis tulit, id in actis Caesaris non habebitur.


[19] Welches Gesetz ist besser, nützlicher, wurde häufiger sogar während der besten Staatsverfassung gefordert als, dass die Provinzen der Prätoren nicht mehr als ein Jahr oder nicht mehr als zwei Jahre die Provinzen der ehemaligen Konsuln im Besitz behalten wurden? Nach der Beseitigung dieses Gesetzes, scheinen euch die Verordnungen Caesars bewahrt werden zu können? Was? Werden denn nicht durch das Gesetz, das öffentlich angeschlagen worden ist, von der dritten Dekurie, alle richterlichen Gesetze Caesars zunichte gemacht? Und ihr verteidigt die Verordnungen Caesars, die ihr dessen Gesetze umstoßt? Wenn nicht etwa dies, wenn er irgendetwas zur Erinnerung in sein Büchlein schrieb, zu seinen Verordnungen gezählt werden wird und, auch wenn es ungerecht und unnütz ist, verteidigt werden wird: es wird dies nicht zu den Verordnungen Caesars gerechnet, was er zum Volk in Zenturiatkomitien gebracht hat.

20.


[20] At quae est ista tertia decuria? 'Centurionum' inquit. Quid? isti ordini iudicatus lege Iulia, etiam ante Pompeia, Aurelia, non patebat? 'Census praefiniebatur', inquit. Non centurioni quidem solum, sed equiti etiam Romano; itaque viri fortissimi atque honestissimi, qui ordines duxerunt, res et iudicant et iudicaverunt. 'Non quaero' inquit, 'istos. Quicumque ordinem duxit, iudicet'. At si ferretis, quicumque equo meruisset, quod est lautius, nemini probaretis; in iudice enim spectari et fortuna debet et dignitas. 'Non quaero', inquit, 'ista; addo etiam iudices manipularis ex legione Alaudarum. Aliter enim nostri negant posse se salvos esse.' O contumeliosum honorem iis, quos ad iudicandum nec opinantis vocatis! Hic enim est legis index, ut ii res in tertia decuria iudicent, qui libere iudicare non audeant. In quo quantus error est, di immortales, eorum, qui istam legem excogitaverunt! Ut enim quisque sordidissimus videbitur, ita libentissime severitate iudicandi sordes suas eluet laborabitque, ut honestis decuriis potius dignus videatur quam in turpem iure coniectus.


[20] Aber woraus besteht diese dritte Dekurie da? „Aus Zenturionen.“, sagt man. Was? Stand diesem Stand da das Richteramt nicht durch das Iulische, sogar zuvor durch das Pompeische, und Aurelische Gesetz offen? „Vermögen ist vorgeschrieben.“, sagt man. Es war nicht einmal nur für den Zenturio, sondern sogar für den römischen Reiter; Daher urteilen und urteilten die tapfersten und ehrenwertesten Männer, die die Reihen führten, über die Sache. „Diese Dinge frage ich nicht“, sagt man, „jeder, der eine Reihe führte, möge richten.“ Wenn ihr aber einen vorbringen würdet, der auch immer zu Pferde gedient hat, was ehrenvoller ist, würdet ihr niemandes Beifall finden; bei einem Richter muss nämlich sowohl das Vermögen als auch die Stellung betrachtet werden. Man sagt: „Ich frage nicht dieses da: Ich füge sogar gemeine Soldaten als Richter aus der Legion der Haubenlerchen hinzu. Anders nämlich sagen unsere Leute, dass sie nicht sicher sein können.“ O wie schmählich diese Ehre für diejenigen ist, die ihr, ohne dass sie Ahnung davon haben, zum Richten ruft! Dies ist nämlich das Kennzeichen des Gesetzes, dass diejenigen in der dritten Dekurie richten, die es nicht wagen, frei zu richten. Wie groß ist bei dieser Sache der Irrtum derer, – unsterbliche Götter – die sich dieses Gesetz da ausgedacht haben! Denn für je unbedeutender einer gehalten wird, desto williger wird er seinen Schmutz durch Strenge beim Urteilen abwaschen und sich bemühen, mehr den ehrenwerten Dekurien würdig zu scheinen als zu Recht in eine schändliche Dekurie gesteckt zu werden.

21.


[21] Altera promulgata lex est, ut et de vi et maiestatis damnati ad populum provocent, si velint. Haec utrum tandem lex est an legum omnium dissolutio? Quis est enim hodie, cuius intersit istam legem manere? Nemo reus est legibus illis, nemo, quem futurum putemus. Armis enim gesta numquam profecto in iudicium vocabuntur. 'At res popularis.' Utinam quidem aliquid velletis esse populare! Omnes enim iam cives de rei publicae salute una et mente et voce consentiunt. Quae est igitur ista cupiditas legis eius ferendae, quae turpitudinem summam habeat, gratiam nullam? Quid enim turpius quam, qui maiestatem populi Romani minuerit per vim, eum damnatum iudicio ad eam ipsam vim reverti, propter quam sit iure damnatus?



[21] Es wurde noch ein anderes Gesetz bekannt gegeben, nämlich dass die wegen Gewaltanwendung und Hochverrats Verurteilten an das Volk appellieren dürfen, wenn sie wollten. Ist dies eigentlich ein Gesetz oder die Auflösung aller Gesetze? Wer existiert heute, dessen Interesse daran liegt, dass dieses Gesetz da bleibt? Niemand ist aufgrund jener Gesetze ein Angeklagter, niemand, von dem ich glaube, dass er zukünftig einer sein wird: Denn das, was durch Waffen vollzogen wurde, wird freilich niemals vor Gericht verhandelt werden. „Aber es ist eine Angelegenheit des Volkes.“ Ich wünschte, ihr wolltet freilich, dass es etwas Volksfreundliches ist! Denn schon alle Bürger sind hinsichtlich des Wohls für den Staat einverstanden mit einer Meinung und einer Stimme. Warum also gibt es das Verlangen danach, dieses Gesetz zu erlassen, das höchsten Schimpf bereithält und keinen Dank? Was ist nämlich schändlicher, als dass jemand, der durch Gewalt die Hoheit des römischen Volkes vermindert hat, nachdem dieser durch das Gericht verurteilt worden war, zu dieser Gewalt selbst zurückkehrt, wegen der er zu Recht verurteilt worden war?





22.


[22] Sed quid plura de lege disputo? Quasi vero id agatur, ut quisquam provocet; id agitur, id fertur, ne quis omnino umquam istis legibus reus fiat. Quis enim aut accusator tam amens reperietur, qui reo condemnato obicere se multitudini conductae velit, aut iudex, qui reum damnare audeat, ut ipse ad operas mercennarias statim protrahatur? Non igitur provocatio ista lege datur, sed duae maxime salutares leges quaestionesque tolluntur. Quid est aliud hortari adulescentes, ut turbulenti, ut sediotiosi, ut perniciosi cives velint esse? Quam autem ad pestem furor tribunicius impelli non poterit, his duabus quaestionibus de vi et maiestatis sublatis?


[22] Aber was erörtere ich Mehreres über das Gesetz? Als ob allerdings dies verhandelt wird, damit irgendwer Berufung einlegt: Dies wird verhandelt, dies wird vorgetragen, damit niemand jemals aufgrund dieser Gesetze ein Angeklagter wird. Wer würde als Ankläger nämlich, der so wahnsinnig ist, gefunden werden, dass er nach der Verurteilung des Angeklagten will, dass er einer gepachteten Menschenmenge entgegengeworfen wird, oder welcher Richter würde gefunden werden, der so beschaffen ist, dass er es wagt, den Angeklagten zu verurteilen, um selbst sofort zu bezahlten Handlangern hingeschleppt zu werden? Also wird nicht diese Berufung da durch das Gesetz eingeräumt, sondern zwei höchst zuträgliche Gesetze und Gerichtshöfe werden beseitigt. Was bedeutet es anderes als junge Männer zu ermuntern, stürmische, aufrührerische und gefährliche Bürger sein zu wollen? Zu welchem Verderben jedoch könnte der tribunizische Wahnsinn nicht veranlasst werden, nachdem diese beiden Gerichte wegen Gewaltanwendung und Hochverrats beseitigt worden sind?

23.


[23] Quid, quod obrogatur legibus Caesaris, quae iubent ei, qui de vi, itemque ei, qui maiestatis damnatus sit, aqua et igni interdici? quibus cum provocatio datur, nonne acta Caesaris rescinduntur? Quae quidem ego, patres conscripti, qui illa numquam probavi, tamen ita conservanda concordiae causa arbitratus sum, ut non modo, quas vivus leges Caesar tulisset, infirmandas hoc tempore non puterem, sed ne illas quidem, quas post mortem Caesaris prolatas esse et fixas videtis.


[23] Was? Wird dies den Gesetzen Caesars entgegengestellt, die demjenigen befehlen, der wegen Gewaltanwendung, und ebenso demjenigen, der wegen Hochverrats dazu verurteilt worden ist, dass ihm Wasser und Feuer untersagt wird? Indem denen Berufung gewährt wird, werden denn nicht die Verordnungen Caesars aufgehoben? Freilich habe ich, verehrte Senatoren, der ich diese niemals gebilligt habe, dennoch geglaubt, dass sie wegen der Eintracht so bewahrt werden müssen, dass ich glaubte, dass nicht nur die Gesetze, die Caesar zu Lebzeiten erlassen hatte, in der gegenwärtigen Situation nicht geschwächt werden dürfen, sondern nicht einmal jene, die, wie ihr wisst, nach dem Tod Caesars vorgebracht und festgesetzt worden waren.

24.


[24] De exsilio reducti multi a mortuo, civitas data non solum singulis, sed nationibus et provinciis universis a mortuo, immunitatibus infinitis sublata vectigalia a mortuo. Ergo haec uno, verum optimo auctore, domo prolata defendimus; eas leges, quas ipse nobis inspectantibus recitavit, pronuntiavit, tulit, quibus latis gloriabatur iisque legibus rem publicam contineri putabat, de provinciis, de iudiciis, eas, inquam, Caesaris leges nos, qui defendimus acta Caesaris, evertendas putamus? Ac de his tamen legibus, quae promulgatae sunt, saltem queri possumus; de iis, quae iam latae dicuntur, ne illud quidem licuit.



[24] Von der Verbannung aus wurden sie von einem Toten zurückgeführt; das Bürgerrecht wurde nicht nur einzelnen, sondern ganzen Völkern und Provinzen von einem Toten gegeben; durch unbegrenzte Steuererlässe wurden die Steuereinnahmen von einem Toten aufgehoben. Also diese Dinge, auf Veranlassung eines einzigen, doch aber sehr guten Mannes, verteidigen wir, die von seinem Hause vorgebracht worden sind: die Gesetze, die er selbst unter unseren Augen vorgetragen, verkündet, eingebracht hat, derer er sich, nachdem er sie erlassen hatte, rühmte und von denen er glaubte, dass mit diesen der Staat zusammengehalten wird, über die Provinzen, über die Gerichte, diese Gesetze Caesars, - sage ich -, glauben wir, die wir die Verordnungen Caesars verteidigen, aufheben zu müssen?





25.


[25] Illae enim sine ulla promulgatione latae sunt ante quam scriptae. Quaero autem. quid sit, cur aut ego aut quisquam vestrum, patres conscripti, bonis tribunis plebi leges malas metuat. Paratos habemus, qui intercedant, paratos, qui rem publicam religione defendant; vacui metu esse debemus. 'Quas tu mihi,' inquit, 'intercessiones? quas religiones?' Eas scilicet, quibus rei publicae salus continetur. 'Negligimus ista et nimis antiqua ac stulta ducimus; forum saepietur, omnes claudentur aditus, armati in praesidiis multis locis collocabuntur.'


[25] Und über die Gesetze, die veröffentlich worden sind, können wir wenigstens klagen: Über diejenigen, die schon eingebracht worden sein sollen, war nicht einmal jenes erlaubt. Jene wurden nämlich ohne Bekanntmachung eingebracht, bevor sie aufgeschrieben worden sind. Ich frage jedoch, was es ist, warum entweder ich oder irgendeiner von euch, verehrte Senatoren, schlechte Gesetze fürchten, obwohl wir gute Volkstribune haben . Wir haben Männer, die bereit sind, Einspruch zu erheben, bereit, den Staat durch religiöse Handlung zu verteidigen: Wir müssen frei von Furcht sein. „Was für Einsprüche, was für religiöse Taten bringst du mir vor?“, sagte man. Freilich diejenigen, mit denen das Wohl des Staates zusammengehalten wird. „Wir halten das der Beachtung nicht mehr wert und halten es für allzu alt und dumm: Das Forum wird besetzt; alle Zugänge werden verschlossen; Bewaffnete werden an vielen Stellen auf ihre Posten aufgestellt.“

26.


[26] Quid tum? quod ita erit gestum, id lex erit? et in aes incidi iubebitis, credo illa legitima: CONSULES POPULUM IURE ROGAVERUNT (hocine a maioribus accepimus ius rogandi?) POPULUSQUE IURE SCIVIT. Qui populus? isne, qui exclusus est? Quo iure? an eo, quod vi et armis omne sublatum est? Atque dico de futuris, quod est amicorum ante dicere ea, quae vitari possint; quae si facta non erunt, refelletur oratio mea. Loquor de legibus promulgatis, de quibus est integrum vobis; demonstro vitia; tollite: denuntio vim, arma; removete.


[26] Was dann? Was so vollzogen wird, wird ein Gesetz sein? Und ihr werdet befehlen, dass jene rechtmäßigen Dinge, glaube ich, in Erz geschnitten werden: DIE KONSULN HABEN DAS VOLK MIT RECHT BEFRAGT – Dieses Recht auf Befragung haben wir von unseren Vorfahren empfangen? – und DAS VOLK WUSSTE ES MIT RECHT. Welches Volk? Das, was ausgeschlossen worden ist? Mit welchem Recht? Etwa deswegen, weil alles durch Gewalt und mit Waffen beseitigt worden ist? Und ich sage dies über die zukünftigen Dinge, weil es Sache von Freunden ist, vorher diejenigen Dinge zu sagen, die vermieden werden könnten: wenn diese Dinge nicht geschehen werden, wird meine Rede widerlegt werden. Ich spreche von den veröffentlichten Gesetzen, über die es euch erlaubt ist zu entscheiden: Ich zeige ihre Fehler auf: Hebt sie auf! Ich verkünde Gewalt, Waffen: Haltet sie fern!

27.


[27] Irasci quidem vos mihi, Dolabella, pro re publica dicenti non oportebit. Quamquam te quidem id facturum non arbitror (novi facilitatem tuam); collegam tuum aiunt in hac sua fortuna, quae bona ipsi videtur, (mihi, ne gravius quidpiam dicam, avorum et avunculi sui consulatum si imitaretur, fortunatior videretur)—sed eum iracundum audio esse factum. Video autem, quam sit odiosum habere eundem iratum et armatum, cum tanta praesertim gladiorum sit impunitas. Sed proponam ius, ut opinor, aequum; quod M. Antonium non arbitror repudiaturum. Ego, si quid in vitam eius aut in mores cum contumelia dixero, quo minus mihi inimicissimus sit, non recusabo; sin consuetudinem meam [quam in re publica semper habui] tenuero, id est si libere, quae sentiam de re publica, dixero, primum deprecor, ne irascatur; deinde, si hoc non impetro, peto, ut sic irascatur ut civi. Armis utatur, si ita necesse est, ut dicit, sui defendendi causa; iis, qui pro re publica, quae ipsis visa erunt, dixerint, ista arma ne noceant. Quid hac postulatione dici potest aequius?



[27] Ihr dürft freilich nicht mir, Dolabella, der ich für den Staat spreche, zürnen. Allerdings glaube ich nicht, dass du jedenfalls dies machen wirst – ich kenne deine Umgänglichkeit –; Man sagt, dass dein Amtskollege in seiner Lage, die ihm selbst gut zu sein scheint – mir, damit ich es ein wenig schwieriger ausdrücke, schiene er glücklicher, wenn er das Konsulat seines Großvaters und seines Onkels nachahmen würde – : aber, ich höre, dass dieser zornig gemacht worden ist. Ich sehe jedoch, wie lästig es ist, denselben Mann zornig und bewaffnet zu haben, zumal es ja eine große Straffreiheit für Waffendelikte gibt: Aber ich werde ein gerechtes Gesetz, wie ich glaube, vorschlagen, von dem ich nicht glaube, dass Marcus Antonius es verschmähen wird. Ich werde es nicht verweigern, dass er mir sehr feindlich gesinnt ist, wenn ich irgendetwas gegen seinen Lebenswandel oder gegen seine Sitten mit Schmähung gesagt habe; wenn aber meine Gewohnheit, die ich beim Staat immer hatte, behielt, das heißt wenn ich frei gesprochen habe, was ich über den Staat denke, bitte ich zuerst, dass er nicht erzürnt ist; dann, wenn ich dies nicht durch Bitten erlange, bitte ich, dass er mir so zürnt, wie einem Bürger. Er möge seine Waffen gebrauchen, wenn es so nötig ist, wie er sagt, um sich zu verteidigen: Diese Waffen da sollen nicht demjenigen schaden, der für den Staat, was ihm selbst gut erscheinen wird, gesagt hat. Was Gerechteres als dies durch diese Forderung könnte gesagt werden?





28.


[28] Quodsi, ut mihi a quibusdam eius familiaribus dictum est, omnis eum, quae habetur contra voluntatem eius, oratio graviter offendit, etiamsi nulla inest contumelia, feremus amici naturam. Sed idem illi ita mecum loquuntur: 'Non idem tibi, adversario Caesaris, licebit quod Pisoni socero,' et simul admonent quiddam, quod cavebimus: 'Nec erit iustior in senatum non veniendi morbi causa quam mortis'.


[28] Wenn nun, wie es mir von einigen Freunden dessen gesagt wurde, jede Rede, die gegen seinen Willen gehalten wird, diesen tief beleidigt, auch wenn keine Beschimpfung enthalten ist, ertragen wir sein Wesen als Freunde. Aber dieselben Leute sprechen so mit mir: „Dir als Gegner Caesars wird nicht dasselbe erlaubt sein, was Piso als Schwiegervater erlaubt ist.“ und zugleich ermahnen sie mich zu etwas, wovor ich mich hüten will: „Es wird keinen gerechteren Grund geben, in den Senat nicht zu kommen wegen einer Krankheit als wegen des Todes.“

29.


[29] Sed per deos immortales!—te enim intuens, Dolabella, qui es mihi carissimus, non possum utriusque vestrum errorem reticere. Credo enim vos nobiles homines, magna quaedam spectantes, non pecuniam, ut quidam nimis creduli suspicantur, quae semper ab amplissimo quoque clarissimoque contempta est, non opes violentas et populo Romano minime ferendam potentiam, sed caritatem civium et gloriam concupivisse. Est autem gloria laus recte factorum magnorumque in rem publicam meritorum, quae cum optimi cuiusque, tum etiam multitudinis testimonio comprobatur.


[29] Aber bei den unsterblichen Göttern! – Während ich dich anschaue, Dolabella, der du mir sehr teuer bist, kann ich eurer beider Irrtum nicht verschweigen – : Denn ich glaube, dass ihr als adelige Männer, die nach gewissen großen Dingen streben, nicht Geld, wie einige allzu leichtgläubig vermuten, was immer auch von einem sehr Reichen und Berühmten verachtet wurde, nicht gewaltsame Macht und für das Volk sehr gering zu ertragene Gewalt, sondern Hochachtung und Ruhm der Bürger eifrig gewünscht haben. Der Ruhm aber ist das Lob für richtige Handlungen und für große Verdienste gegenüber dem Staat, die sowohl durch das Zeugnis gerade des Besten, als auch sogar der Menge für gut befunden werden.

30.


[30] Dicerem, Dolabella, qui recte factorum fructus esset, nisi te praeter ceteros paulisper esse expertum viderem. Quem potes recordari in vita illuxisse tibi diem laetiorem, quam cum, expiatio foro, dissipato concursu impiorum, principibus sceleris poena affectis, urbe incendio et caedis metu liberata, te domum recepisti? Cuius ordinis, cuius generis, cuius denique fortunae studia tum laudi et gratulationi tuae se non obtulerunt? Quin mihi etiam, quo auctore te in his rebus uti arbitrabantur, et gratias boni viri agebant et tuo nomine gratulabantur. Recordare, quaeso, Dolabella, consensum illum theatri, cum omnes earum rerum obliti, propter quas fuerant tibi offensi, significarent se beneficio novo memoriam veteris doloris abiecisse.



[30] Ich würde dir sagen, Dolabella, welcher Lohn der rechten Handlungen es ist, wenn ich nicht sehen würde, dass du es ein Weilchen außer anderen erfahren hast. Kannst du dich erinnern, dass ein Tag in deinem Leben dir freudiger anbrach, als der, an dem du dich nach Hause zurückzogst, nachdem du das Forum gereinigt hattest, den Auflauf der Frevler zersprengt hattest, die Führer für ihr Verbrechen bestraft hattest, die Stadt befreit hast vom Brand und von der Angst des Mordes? Die Bemühungen wessen Stand, wessen Geschlecht, schließlich wessen Vermögensklasse haben sich damals nicht stark gemacht für dein Lob und deinen Glückwunsch? Ja auch mir, von dem sie meinten, dass du mich bei diesen Angelegenheiten als Unterstützer gebrauchst, dankten gute Männer und beglückwünschten mich mit deinem Namen. Erinnere dich, ich bitte dich, Dolabella, an jenen einstimmigen Zuruf des Theaters, als alle, diese Angelegenheiten vergessend, wegen derer sie dir aufgebracht waren, zu verstehen gaben, dass sie die Erinnerung an den alten Schmerz durch deine neue Wohltat verworfen haben.




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