Cicero - In Verrem II - liber secundus [Kap. 1-20]


In Verrem II - liber secundus - Kap. 1-20



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Übersetzung größtenteils nach V. Schulz


2. Kapitel


[2] Quo mihi maturius ad Siciliae causam veniendum est relictis ceteris eius furtis atque flagitiis, ut et viribus quam integerrimis agere et ad dicendum temporis satis habere possim. Atque antequam de incommodis Siciliae dico, pauca mihi videntur esse de provinciae dignitate, vetustate, utilitate dicenda. Nam cum omnium sociorum provinciarumque rationem diligenter habere debetis, tum praecipue Siciliae, iudices, plurimis iustissimisque de causis, primum quod omnium nationum exterarum princeps Sicilia se ad amicitiam fidemque populi Romani adplicavit. Prima omnium, id quod ornamentum imperi est, provincia est appellata; prima docuit maiores nostros quam praeclarum esset exteris gentibus imperare ; sola fuit ea fide benivolentiaque erga populum Romanum ut civitates eius insulae, quae semel in amicitiam nostram venissent, numquam postea deficerent, pleraeque autem et maxime inlustres in amicitia perpetuo manerent.



[2] Desto eher muss ich zum Sachverhalt Siziliens kommen und dessen übrige Diebstähle und Schandtaten erstmal beiseite lassen, damit ich sowohl mit möglichst unversehrten Kräften handeln als auch über genug Zeit zum Sprechen verfügen kann. Und bevor ich über die Nachteile Siziliens rede, muss ich, scheint mir, wenige Worte über das Ansehen, das Alter und den Nutzen der Provinz sagen. Denn wenn ihr auf alle Bundesgenossen und Provinzen sorgfältig Rücksicht nehmen müsst, so besonders auf Sizilien, ihr Richter, aus sehr vielen und gerechtfertigten Gründen, zuerst, weil sich Sizilien von allen auswärtigen Völkern als erstes der Freundschaft und Treue des römischen Volkes anlehnte. Es wurde, was dem Reich zur Ehre ist, als erstes aller (Länder) Provinz genannt; als erster lehrte es unsere Vorfahren, wie großartig es sei, über auswärtige Völker zu herrschen; als einziges war es dem römischen Volk gegenüber mit dieser Treue und Wohlwollen, dass die Bürgerschaften dieser Insel, die sich einmal in unsere Freundschaft geraten waren, später niemals abfielen, die meisten und berühmtesten dagegen ununterbrochen in Freundschaft blieben.


3. Kapitel


[3] Itaque maioribus nostris in Africam ex hac provincia gradus imperi factus est; neque enim tam facile opes Carthaginis tantae concidissent nisi illud et rei frumentariae subsidium et receptaculum classibus nostris pateret. Quare P. Africanus Carthagine deleta Siculorum urbis signis monumentisque pulcherrimis exornavit, ut, quos victoria populi Romani maxime laetari arbitrabatur, apud eos monumenta victoriae plurima conlocaret.


[3] Deshalb machten unsere Vorfahren aus dieser Provinz den Schritt des Reiches gen Afrika; denn die so große Macht Karthagos wäre nicht so leicht zusammengebrochen, stünde uns nicht sowohl jene Hilfe des Getreidebesitzes als auch ein Zufluchtsort für unsere Flotten offen. Daher schmückte P. Africanus die sizilischen Städte nach der Zerstörung Karthagos mit den schönsten Statuen und Denkmale, um bei denen, die sich, wie er glaubte, am meisten über den Sieg des römischen Volkes freuten, die meisten Denkmale des Sieger aufzustellen.


4. Kapitel


[4] Denique ille ipse M. Marcellus, cuius in Sicilia virtutem hostes, misericordiam victi, fidem ceteri Siculi perspexerunt, non solum sociis in eo bello consuluit, verum etiam superatis hostibus temperavit. Vrbem pulcherrimam Syracusas - quae cum manu munitissima esset, tum loci natura terra ac mari clauderetur - cum vi consilioque cepisset, non solum incolumem passus est esse, sed ita reliquit ornatam ut esset idem monumentum victoriae, mansuetudinis, continentiae, cum homines viderent et quid expugnasset et quibus pepercisset et quae reliquisset: tantum ille honorem habendum Siciliae putavit ut ne hostium quidem urbem ex sociorum insula tollendam arbitraretur.


[4] Schließlich sorgte jener M. Marcellus selbst, dessen Tapferkeit in Sizilien die Feinde, dessen Mitleid die Besiegten, dessen Treue die übrigen Sizilier kennen gelernt hatten, in diesem Krieg nicht nur für die Bundesgenossen, sondern auch die überwundenen Feinde schonte. Die sehr schöne Stadt Syrakus, die sowohl mit einer sehr geschützten Schar war, als auch durch die natürliche Lage von der Land- und Seeseite eingeschlossen, nachdem er sie durch Gewalt und Plan erobert hatte, duldete er nicht nur, dass sie unversehrt sei, sondern verließ sie so geschmückt, dass sie dasselbe Denkmal des Sieges, der Milde und der Selbstbeherrschung war, weil die Menschen sahen, was er erobert, was er geschont und was er zurückgelassen hatte: jener glaubte Sizilien so viel Ehre schuldig zu sein, dass er von der Insel der Bundesgenossen nicht einmal eine Stadt der Feinde erheben zu dürfen meinte.


5. Kapitel


[5] Itaque ad omnis res sic illa provincia semper usi sumus ut, quicquid ex sese posset efferre, id non apud nos nasci, sed domi nostrae conditum iam putaremus. Quando illa frumentum quod deberet non ad diem dedit? quando id quod opus esse putaret non ultro pollicita est? quando id quod imperaretur recusavit? Itaque ille M. Cato Sapiens cellam penariam rei publicae nostrae, nutricem plebis Romanae Siciliam nominabat. Nos vero experti sumus Italico maximo difficillimoque bello Siciliam nobis non pro penaria cella, sed pro aerario illo maiorum vetere ac referto fuisse ; nam sine ullo sumptu nostro, coriis, tunicis, frumentoque suppeditando, maximos exercitus nostros vestivit, aluit, armavit.


[5] Deshalb bedienten wir uns jener Provinz bei allen Umständen immer so, dass wir glaubten, was auch immer sie von sich aus hervorbringen könnte, das entstehe nicht bei uns, sondern sei schon in unserem Haus aufbewahrt. Wann hat sie jenes Getreide, das sie schuldete, nicht auf den Tag genau geliefert? Wann, was sie für nötig hielt, nicht freiwillig versprochen? Wann das verweigert, was ihr befohlen wurde? Deshalb hat jener M. Cato, genannt der Weise, Sizilien die Vorratskammer unseres Staates, die Ernährerin des römischen Volkes genannt. Aber wir erfuhren während des sehr bedeutenden und schwierigen italischen Krieges, dass uns Sizilien nicht nur als Vorratskammer, sondern auch als jener Staatsschatz, wie der alte und gefüllte der Vorfahren, diente; denn ohne irgendwelchen unseren Aufwand kleidete, ernährte und bewaffnete sie unsere sehr große Heere durch das zur Verfügung Stellen von Leder, Unterkleidern und Getreide.




Anmerkungen und Hilfen





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