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Cicero - Oratio Philippica prima - Erste Philippische Rede gegen Antonius - Deutsche Übersetzung [Kap. 31-38] |
16.07.2013 - 15:44 |
| Oratio Philippica prima - Erste Philippische Rede [Kap. 31-38] | | |
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31. |
[31] Hanc tu, P. Dolabella, (magno loquor cum dolore) hanc tu, inquam, potuisti aequo animo tantam dignitatem deponere? Tu autem, M. Antoni, (absentem enim appello) unum illum diem, quo in aede Telluris senatus fuit, non omnibus his mensibus, quibus te quidam, multum a me dissentientes, beatum putant, anteponis? Quae fuit oratio de concordia! quanto metu senatus, quanta sollicitudine civitas tum a te liberata est, cum collegam tuum, depositis inimicitiis, oblitus auspiciorum a te ipso augure populi Romani nuntiatorum, illo primum die collegam tibi esse voluisti, tuus parvus filius in Capitolium a te missus pacis obses fuit!
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[31] Konntest du dieses, Dolabella – ich spreche mit großem Schmerz – konntest du dieses, sage ich, große Ansehen mit Gleichmut ablegen? Du aber, Marcus Antonius, ich benenne dich, obwohl du abwesend ist, ziehst du jenen einen Tag, an dem im Tempel der Tellus der Senat zusammenkam, nicht allen Monaten vor, in denen gewisse Menschen, die mehr von mir abweichen, glauben, dass du glücklich warst? Was war es für eine Rede über die Eintracht! Von wie viel Angst wurde der Senat, von wie viel Beunruhigung wurde damals die Bürgerschaft von dir befreit, als du deinen Kollegen, nachdem du die Feindschaften niedergelegt hattest, die Vorzeichen vergessend, die von dir selbst als Augur des römischen Volkes verkündet worden waren, an jenem Tage, als du zum ersten Mal wolltest, dass er dir ein Amtskollege ist, als dein kleiner Sohn von dir zum Kapitol geschickt worden war als Bürge für den Frieden! An welchem Tag war der Senat freudiger, an welchem das römische Volk?
| 32. |
[32] Quo senatus die laetior, quo populus Romanus? qui quidem nulla in contione umquam frequentior fuit. Tum denique liberati per viros fortissimos videbamur, quia, ut illi voluerant, libertatem pax consequebatur. Proximo, altero, tertio, denique reliquis consecutis diebus, non intermittebas quasi donum aliquod cotidie afferre rei publicae, maximum autem illud, quod dictaturae nomen sustulisti. Haec inusta est a te, a te, inquam, mortuo Caesari nota ad ignominiam sempiternam. Ut enim propter unius M. Manli scelus decreto gentis Manliae neminem patricium Manlium Marcum vocari licet, sic tu propter unius dictatoris odium nomen dictatoris funditus sustulisti.
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[32] Dieses war jedenfalls bei keiner Versammlung jemals zahlreicher anwesend. Dann schließlich schienen wir befreit durch die tapfersten Männer, da ja, wie jene es gewünscht hatten, Friede der Freiheit folgte. Am nächsten, zweiten, dritten, schließlich den übrigen folgenden Tagen hast du es nicht unterlassen, gleichsam irgendein Geschenk unserem Staat zu machen; das größte jedoch war jenes, dass du den Namen „Diktatur“ beseitigt hast.
Diese wurde dem toten Caesar von dir, von dir, sage ich, zu ewiger Schande als Brandmal eingebrannt. Denn wie wegen des Verbrechens eines einzigen Marcus Manlius auf Beschluss der manlischen Familie kein patrizischer Manlier Marcus genannt werden darf, so hast du wegen des Hasses auf einen einzigen Diktator den Namen Diktator völlig beseitigt.
| 33. |
[33] Num te, cum haec pro salute rei publicae tanta gessisses, fortunae tuae, num amplitudinis, num claritatis, num gloriae paenitebat? Unde igitur subito tanta ista mutatio? Non possum adduci, ut suspicer te pecunia captum. Licet, quod cuique libet, loquatur, credere non est necesse. Nihil enim umquam in te sordidum, nihil humile cognovi. Quamquam solent domestici depravare non numquam; sed novi firmatatem tuam. Atque utinam ut culpam, sic etiam suspicionem vitare potuisses! Illud magis vereor, ne, ignorans verum iter gloriae, gloriosum putes plus te unum posse quam omnes et metui a civibus tuis quam diligi malis. Quod si ita putas, totam ignoras viam gloriae. Carum esse civem, bene de re publica mereri, laudari, coli, diligi gloriosum est; metui vero et in odio esse invidiosum, detestabile, imbecillum, caducum.
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[33] Warst du etwa unzufrieden mit deiner glücklichen Stellung, nachdem du diese großen Dinge für das Wohl des Staates beigetragen hattest, warst du etwa unzufrieden mit der angesehenen Stellung, mit dem Glanz oder mit dem Ruhm? Woher kommt also plötzlich dieser große Wandel? Ich kann nicht dazu veranlasst werden, dass ich vermute, dass du durch das Geld verführt wurdest. Mag auch jeder sprechen, was ihm beliebt, es ist nicht nötig, es zu glauben. Denn ich habe bei dir niemals irgendetwas Schmutziges, niemals irgendetwas Niedriges wahrgenommen. Allerdings verderben für gewöhnlich manchmal die zum Hause Gehörigen; aber ich kenne deine Charakterstärke. Und hättest du doch wie die Schuld, so den Verdacht vermeiden können! Jenes fürchte ich mehr, nämlich dass du, den wahren Weg des Ruhms nicht kennend, glaubst, dass es rühmlich ist, dass du als Einziger mehr kannst als alle, und ich fürchte, dass du von deinen Bürgern lieber gefürchtet wirst als geliebt werden willst. Wenn du dies so glaubst, kennst du den ganzen Weg zum Ruhm nicht. Geschätzt zu sein als Mitbürger, sich um den Staat verdient zu machen, gelobt, verehrt, geliebt zu werden, ist rühmlich; gefürchtet zu werden aber und gehasst zu werden, ist widerwärtig, abscheulich, schwach, nichts wert.
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34. |
[34] Quod videmus etiam in fabula illi ipsi, qui 'Oderint, dum metuant' dixerit, perniciosum fuisse. Utinam, M. Antoni, avum tuum meminisses! de quo tamen audisti multa ex me, eaque saepissime. Putasne illum immortalitatem mereri voluisse, ut propter armorum habendorum licentiam metueretur? Illa erat vita, illa secunda fortuna, libertate esse parem ceteris, principem dignitate. Itaque, ut omittam res avi tui prosperas, acerbissimum eius supremum diem malim quam L. Cinnae dominatum, a quo ille crudelissime est interfectus.
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[34] Wir sehen auch in dem Theaterstück, dass dies für jenen selbst gefährlich war, der sagte: „Sie sollen mich hassen, solange sie mich fürchten.“ Würdest du, Marcus Antonius, an deinen Großvater denken! Über ihn hast du doch vieles von mir gehört und diese Dinge sehr oft. Glaubst du, dass jener sich die Unsterblichkeit verdienen wollte, dafür dass er wegen der Willkür des Waffengebrauchs gefürchtet wird? Jenes war sein Leben, jenes war sein Glück, nämlich den anderen gleich zu sein an Freiheit, ein Vorbild hinsichtlich der Würde zu sein. Daher, um die glücklichen Ereignisse deines Großvaters außer Acht zu lassen, würde ich lieber den sehr grausamen letzten Tag dessen wollen als die Herrschaft des Lucius Cinna, von dem jener auf grausamste Weise getötet worden ist.
| 35. |
[35] Sed quid oratione te flectam? Si enim exitus C. Caesaris efficere non potest, ut malis carus esse quam metui, nihil cuiusquam proficiet nec valebit oratio. Quem qui beatum fuisse putant, miseri ipsi sunt. Beatus est nemo, qui ea lege vivit, ut non modo impune, sed etiam cum summa interfectoris gloria interfici possit. Quare flecte te, quaeso, et maiores tuos respice atque ita guberna rem publicam, ut natum esse te cives tui gaudeant, sine quo nec beatus nec clarus nec tutus quisquam esse omnino potest.
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[35] Aber was soll ich dich durch diese Rede umstimmen? Denn wenn das Lebensende Caesars nicht bewirken kann, dass du lieber geschätzt sein willst als gefürchtet zu werden, wird eine Rede irgendeines Menschen nichts bewirken können und nicht die Kraft haben. Diejenigen, die glauben, dass jener glücklich war, sind selbst unglücklich. Niemand ist glücklich, der unter der Bedingung lebt, dass er nicht nur ungestraft, sondern auch mit höchstem Ruhm für den Tötenden getötet werden kann. Deswegen stimme dich um, ich bitte dich, und denke an deine Vorfahren zurück und lenke den Staat so, dass sich deine Bürger darüber freuen, dass du geboren wurdest: ohne dies kann niemand ganz und gar glücklich oder geschätzt oder sicher sein.
| 36. |
[36] Populi quidem Romani iudicia multa ambo habetis; quibus vos non satis moveri permoleste fero. Quid enim gladiatoribus clamores innumerabilium civium? quid populi versus? quid Pompei statuae plausus infiniti? quid duobus tribunis pl., qui vobis adversantur? parumne haec significant incredibiliter consentientem populi Romani universi voluntatem? Quid? Apollinarium ludorum plausus vel testimonia potius et iudicia populi Romani parum magna vobis videbantur? O beatos illos, qui, cum adesse ipsis propter vim armorum non licebat, aderant tamen et in medullis populi Romani ac visceribus haerebant! Nisi forte Accio tum plaudi et sexagesimo post anno palmam dari, non Bruto putabatis, qui ludis suis ita caruit, ut in illo apparatissimo spectaculo studium populus Romanus tribueret absenti, desiderium liberatoris sui perpetuo plausu et clamore leniret.
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[36] Ihr beide habt freilich viele Meinungen des römischen Volkes; dass ihr durch diese nicht genug bewegt werdet, ertrage ich nur schwer. Was nämlich ist bei den Gladiatorenspielen mit den Schreien unzähliger Bürger? Was ist mit den Spottversen des Volkes? Was ist mit dem endlosen Beifall für die Pompeiusstatue, was der Beifall für die beiden Volkstribunen, die euch Widerstand leisten? Zeigen diese Dinge zu wenig den Willen des ganzen römischen Volkes, der unglaublich übereinstimmt? Was? Der Beifall bei den Apollinarischen Spielen oder vielmehr die Zeugnisse und Meinungen des römischen Volkes schienen euch zu unbedeutend? O glücklich jene, die dennoch anwesend waren, immer wenn es ihnen selbst durch Waffengewalt nicht erlaubt war, anwesend zu sein, und im Innersten und in den Eingeweiden des römischen Volkes hingen! Außer ihr habt geglaubt, dass dem Accius damals Beifall geklatscht wurde und nach dem 60. Jahr die Palme gegeben wurde, nicht dem Brutus, der sich so entfernt hielt von seinen Spielen, dass das römische Volk ihm, obwohl er abwesend war, bei dem sehr prächtigen Schauspiel ihre Begeisterung zuteilwerden ließen, und dass es die Sehnsucht nach ihrem Befreier durch ununterbrochenen Applaus und durch Geschrei linderte.
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37. |
[37] Equidem is sum, qui istos plausus, cum popularibus civibus tribuerentur, semper contempserim; idemque, cum a summis, mediis, infimis, cum denique ab universis hoc idem fit, cumque ii, qui ante sequi populi consensum solebant, fugiunt, non plausum illum, sed iudicium puto. Sin haec leviora vobis videntur, quae sunt gravissima, num etiam hoc contemnitis, quod sensistis, tam caram populo Romano vitam A. Hirti fuisse? Satis erat enim probatum illum esse populo Romano, ut est; iucundum amicis, in quo vincit omnis; carum suis, quibus est [ipse] carissimus; tantam tamen sollicitudinem bonorum, tantum timorem omnium in quo meminimus? Certe in nullo.
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[37] Ich jedenfalls bin derjenige, der dieses Beifallklatschen, als es den zum Volke gehörigen Bürgern zuteilwurde, immer verachtet hat; und ebenso wenn von den höchsten, mittleren und niedersten, wenn schließlich von allen dies selbe geschieht, und wenn diejenigen, die gewöhnlich zuvor der Übereinstimmung des Volkes folgten, diese meiden, halte ich jenes nicht für Beifall, sondern für ein Urteil. Wenn euch diese Dinge aber zu unerheblich erscheinen, die sehr bedeutend sind, verachtet ihr etwa auch dies, was ihr bemerkt habt, nämlich dass das Leben des Aulus Hirtius dem römischen Volk so sehr am Herzen lag? Es war nämlich genug, dass jener dem römischen Volk gefiel, wie er es ist; bei den Freunden beliebt zu sein, worin er alle übertrifft; bei seinen Leuten geschätzt zu sein, durch die er selbst sehr geschätzt ist: aber bei wem erinnern wir uns dennoch an eine so große Besorgnis der Rechtschaffenen, an eine so große Angst aller?
| 38. |
[38] Quid igitur? hoc vos, per deos immortales! quale sit, non interpretamini? Quid? eos de vestra vita cogitare non censetis, quibus eorum, quos sperant rei publicae consulturos, vita tam cara sit? Cepi fructum, patres conscripti, reversionis meae, quoniam et ea dixi, ut, quicumque casus consecutus esset, exstaret constantiae meae testimonium, et sum a vobis benigne ac diligenter auditus. Quae potestas si mihi saepius sine meo vestroque periculo fiet, utar; si minus, quantum potero, non tam mihi me quam rei publicae reservabo. Mihi fere satis est, quod vixi, vel ad aetatem vel ad gloriam; huc si quid accesserit, non tam mihi quam vobis reique publicae accesserit.
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[38] Sicherlich bei keinem. Was also? Begreift ihr dies nicht, bei den unsterblichen Göttern, wie es ist? Was? Meint ihr nicht, dass diese über euer Leben urteilen, denen das Leben derer so teuer ist, von denen sie hoffen, dass sie für den Staat sorgen werden?
Ich habe, werte Senatoren, Lohn für meine Rückkehr empfangen, sowohl weil ich diese Dinge gesagt habe, damit, welcher Zufall auch folgen wird, ein Zeugnis meiner Beständigkeit noch besteht, als auch weil ich von euch wohlwollend und sorgfältig gehört worden bin. Wenn mir diese Möglichkeit häufiger ohne Gefahr für mich und euch gegeben wird, werde ich sie nutzen: wenn nicht, werde ich mich nicht so für mich als für den Staat aufsparen, so sehr es geht. Für mich ist es fast genug, dass ich gelebt habe bei dem Alter oder bei dem Ruhm: wenn irgendetwas hierher hinzutreten sollte, werde ich mich damit befassen, nicht so für mich als für euch und den Staat.
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Imperator |
gedruckt am 24.11.2024 - 19:47 |
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