Übersetzungen - Plinius |
Plinius - Epistulae II (2,12 - 2,20) |
28.01.2012 - 21:12 |
Epistulae II | |
Zu den Briefen 2,1 - 2,11 | 2,12 Gruß an Arrianus
2,13 Gruß an Priscus
2,14 Gruß an Maximus | 2,15 Gruß an Valerianus
2,16 Gruß an Annius
2,17 Gruß an Gallus | 2,18 Gruß an Mauricus
2,19 Gruß an Cerialis
2,20 Gruß an Calcisius |
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Übersetzung nach M. Wollschläger (teilweise nachbearbeitet)
2,12 C. PLINIUS ARRIANO SUO S.
(1) Λιτούργιον illud, quod superesse Mari Prisci causae proxime scripseram, nescio an satis, circumcisum tamen et adrasum est.
(2) Firminus inductus in senatum respondit crimini noto. Secutae sunt diversae sententiae consulum designatorum. Cornutus Tertullus censuit ordine movendum, Acutius Nerva in sortitione provinciae rationem eius non habendam. Quae sententia tamquam mitior vicit, cum sit alioqui durior tristiorque.
(3) Quid enim miserius quam exsectum et exemptum honoribus senatoriis, labore et molestia non carere? quid gravius quam tanta ignominia affectum non in solitudine latere, sed in hac altissima specula conspiciendum se monstrandumque praebere?
(4) Praeterea quid publice minus aut congruens aut decorum? notatum a senatu in senatu sedere, ipsisque illis, a quibus sit notatus, aequari; summotum a proconsulatu, quia se in legatione turpiter gesserat, de proconsulibus iudicare, damnatumque sordium vel damnare alios vel absolvere!
(5) Sed hoc pluribus visum est. Numerantur enim sententiae, non ponderantur; nec aliud in publico consilio potest fieri, in quo nihil est tam inaequale quam aequalitas ipsa. Nam cum sit impar prudentia, par omnium ius est.
(6) Implevi promissum priorisque epistulae fidem exsolvi, quam ex spatio temporis iam recepisse te colligo; nam et festinanti et diligenti tabellario dedi, nisi quid impedimenti in via passus est.
(7) Tuae nunc partes, ut primum illam, deinde hanc remunereris litteris, quales istinc redire uberrimae possunt. Vale.
| Plinius grüßt seinen Arrianus
(1) Jenes Stück Arbeit, was ich dir kürzlich geschrieben hatte, das vom Prozess des Marius Priscus übrig geblieben ist, ist - ich glaube fast genug - beschnitten und gestutzt worden.
(2) Firminus, nachdem er in den Senat geführt worden war, antwortete auf den bekannten Vorwurf. Verschiedene Anträge der designierten Konsuln folgten. Cornutus Tertullus beantragte, dass er aus der Ordnung bewegt werden muss, Acutius Nerva, dass er bei der Auslosung der Provinz keinen Grund haben darf. Dieser Antrag gewann als scheinbar der mildere, obwohl er außerdem noch der härtere und traurigere war.
(3) Was ist nämlich erbärmlicher als abgeschnitten zu werden und ausgeschlossen zu werden von den Senatorenehren, und mit Arbeit und Beschwerlichkeiten zu sein? Was ist schlimmer, als versehen mit solcher Schande sich nicht in der Einsamkeit verstecken zu dürfen, sondern sich in dieser Höhe betrachten und zeigen lassen zu müssen?
(4) Außerdem was ist öffentlich weniger entweder passend oder schicklich? Vom Senat getadelt im Senat zu sitzen und jenen selbst, von denen man getadelt wurde, gleichgestellt zu werden; vom Prokonsulat verscheucht, weil man sich bei der Stelle des Legaten schändlich verhalten hatte, über Prokonsuln zu urteilen, und wegen schmutzigem Geiz verurteilt, entweder andere zu verurteilen oder freizusprechen!
(5) Aber dies erschien der Mehrheit als richtig. Die Meinungen werden nämlich gezählt, nicht gewogen. Es kann nämlich in einer öffentlichen Beratung nichts anderes geschehen, in der nichts so ungleich ist wie die Gleichheit selbst. Denn obwohl die Klugheit ungleich ist, hat jeder dasselbe Recht.
(6) Ich habe das Versprechen erfüllt und die Treue des vorausgehenden Briefes erfüllt, von dem ich aus dem Zeitraum gesammelt habe, dass du ihn schon erhalten hast; Ich habe ihn nämlich einem schnellen und zuverlässigen Briefboten gegeben, wenn er nicht auf dem Weg irgendein Hindernis erlitten habe.
(7) Es ist nun dein Teil, dass du erst jenen, dann diesen Brief mit Briefen vergeltest, wie sie von dort am Ausführlichsten zurückkommen können. Leb wohl!
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2,13 C. PLINIUS PRISCO SUO S.
(1) Et tu occasiones obligandi me avidissime amplecteris, et ego nemini libentius debeo.
(2) Duabus ergo de causis a te potissimum petere constitui, quod impetratum maxime cupio. Regis exercitum amplissimum: hinc tibi beneficiorum larga materia, longum praeterea tempus, quo amicos tuos exornare potuisti. Convertere ad nostros nec hos multos.
(3) Malles tu quidem multos; sed meae verecundiae sufficit unus aut alter, ac potius unus.
(4) Is erit Voconius Romanus. Pater ei in equestri gradu clarus, clarior vitricu, immo pater alius - nam huic quoque nomini pietate successit -, mater e primi. Ipse citerioris Hispaniae - scis quod iudicium provinciae illius, quanta sit gravitas - flamen proxime fuit.
(5) Hunc ego, cum simul studeremus, arte familiariterque dilexi; ille meus in urbe ille in secessu contubernalis, cum hoc seria cum hoc iocos miscui.
(6) Quid enim illo aut fidelius amico aut sodale iucundius? Mira in sermone, mira etiam in ore ipso vultuque suavitas.
(7) Ad hoc ingenium excelsum subtile dulce facile eruditum in causis agendis; epistulas quidem scribit, ut Musas ipsas Latine loqui credas. Amatur a me plurimum nec tamen vincitur.
(8) Equidem iuvenis statim iuveni, quantum potui per aetatem, avidissime contuli, et nuper ab optimo principe trium liberorum ius impetravi; quod quamquam parce et cum delectu daret, mihi tamen tamquam eligeret indulsit.
(9) Haec beneficia mea tueri nullo modo melius quam ut augeam possum, praesertim cum ipse illa tam grate interpretetur, ut dum priora accipit posteriora mereatur.
(10) Habes qualis quam probatus carusque sit nobis, quem rogo pro ingenio pro fortuna tua exornes. In primis ama hominem; nam licet tribuas ei quantum amplissimum potes, nihil tamen amplius potes amicitia tua; cuius esse eum usque ad intimam familiaritatem capacem quo magis scires, breviter tibi studia mores omnem denique vitam eius expressi.
(11) Extenderem preces nisi et tu rogari diu nolles et ego tota hoc epistula fecissem; rogat enim et quidem efficacissime, qui reddit causas rogandi. Vale. |
Plinius grüßt seinen Priscus
(1) Und du ergreifst höchst begierig die Gelegenheit, mich zu verpflichten, und ich schulde niemandem lieber etwas.
(2) Ich habe von 2 Gründen her beschlossen, vornehmlich von dir etwas zu erbitten, was ich am meisten wünsche, dass es durchgesetzt wird. Du führst ein ansehnliches Heer: Du hast infolge dessen ausreichende Mittel der Wohltaten, außerdem hattest du lange Zeit, in der du deine Freunde beschenken konntest. Wende dich zu meinen und nicht zu diesen vielen.
(3) Zwar wolltest du lieber, es wären viele; aber meiner Bescheidenheit genügt der eine oder andere, und lieber der eine.
(4) Dieser wird Voconius Romanus sein. Er hatte einen berühmten Vater im Ritterstand, einen noch angeseheneren Stiefvater, ja vielmehr einen anderen Vater (er folgte auch diesem Namen durch sein Pflichtgefühl) und eine Mutter aus den Besten. Er selbst war als letztes Priester im diesseitigen Spanien (Du weißt, was das Urteil jener Provinz ist, wie viel Gewicht es hat).
(5) Als wir zugleich studiert haben, liebte ich ihn eng und vertraut; jener war mein Kamerad in der Stadt, jener war mein Kamerad in der Zurückgezogenheit, mit diesem vereinigte ich Ernst, mit diesem vereinigte ich Spaß.
(6) Was nämlich ist ein treuerer Freund oder ein angenehmerer Gesellschafter als er? Diese angenehme Lieblichkeit im Gespräch, diese angenehme Lieblichkeit in seinem Gesicht selbst und in seiner Mine.
(7) Dazu seine hervorragende, feine, süße, leichte, gebildete Veranlagung beim Führen von Prozessen. Er schreibt jedenfalls Briefe, dass man glauben könnte, die Musen selbst redeten Lateinisch. Er wird von mir am Meisten geliebt, aber dennoch nicht übertroffen.
(8) Ich habe mich als junger Mann sofort dem jungen Mann sehr gierig gewidmet, wie ich es durch mein Alter konnte, und neulich habe ich von unserem besten Führer das Recht der drei Kinder erreicht; Obwohl er dieses sparsam und mit Auswahl gegeben hat, bewilligte er es dennoch als hätte er es ausgewählt.
(9) Diese meine Wohltaten kann ich auf keine Weise besser bewahren, als dass ich sie vermehre, besonders weil er selbst jene so dankbar aufnimmt, dass er schon neuere verdient, während er die ersten empfängt.
(10) Du hast, wie bewährt und teuer er mir ist, von dem ich bitte, dass du ihn nach deiner Begabung und deinem Schicksal/Vermögen ausschmückst. Vor allem lieb den Menschen. Denn mag es auch sein, dass du ihm verteilst, wie sehr du auch kannst, trotzdem kannst du nichts Größeres als deine Freundschaft verteilen. Und damit du umso mehr weißt, dass er ihrer bis zur innigsten Vertrautheit hin würdig ist, habe ich dir kurz seinen Eifer, seine Sitten und schließlich sein ganzes Leben dargelegt.
(11) Ich würde meine Bitten weiter ausbreiten, wenn du nicht lange gebeten werden willst und ich habe dies in dem ganzen Brief gemacht; er bittet nämlich und jedenfalls am wirksamsten, wer die Gründe des Fragens zurückgibt. Leb wohl!
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2,14 C. PLINIUS MAXIMO SUO S.
(1) Verum opinaris: distringor centumviralibus causis, quae me exercent magis quam delectant. Sunt enim pleraeque parvae et exiles; raro incidit vel personarum claritate vel negotii magnitudine insignis.
(2) Ad hoc pauci, cum quibus iuvet dicere; ceteri audaces atque etiam magna ex parte adulescentuli obscuri ad declamandum huc transierunt, tam irreverenter et temere, ut mihi Atilius noster expresse dixisse videatur, sic in foro pueros a centumviralibus causis auspicari, ut ab Homero in scholis. Nam hic quoque ut illic primum coepit esse, quod maximum est.
(3) At hercule ante memoriam meam - ita maiores natu solent dicere -, ne nobilissimis quidem adulescentibus locus erat, nisi aliquo consulari producente: tanta veneratione pulcherrimum opus colebatur.
(4) Nunc refractis pudoris et reverentiae claustris, omnia patent omnibus, nec inducuntur sed irrumpunt. Sequuntur auditores actoribus similes, conducti et redempti. Manceps convenitur; in media basilica tam palam sportulae quam in triclinio dantur; ex iudicio in iudicium pari mercede transitur.
(5) Inde iam non inurbane Σοφοκλεῖς vocantur ἀπὸ τοῦ σοφῶς καὶ καλεῖσθαι, isdem Latinum nomen impositum est Laudiceni;
(6) et tamen crescit in dies foeditas utraque lingua notata. Here duo nomenclatores mei - habent sane aetatem eorum, qui nuper togas sumpserint - ternis denariis ad laudandum trahebantur. Tanti constat, ut sis disertissimus. Hoc pretio quamlibet numerosa subsellia implentur, hoc ingens corona colligitur, hoc infiniti clamores commoventur, cum mesochorus dedit signum.
(7) Opus est enim signo apud non intellegentes, ne audientes quidem;
(8) nam plerique non audiunt, nec ulli magis laudant. Si quando transibis per basilicam et voles scire, quo modo quisque dicat, nihil est, quod tribunal ascendas, nihil quod praebeas aurem; facilis divinatio: scito eum pessime dicere, qui laudabitur maxime.
(9) Primus hunc audiendi morem induxit Larcius Licinus, hactenus tamen ut auditores corrogaret. Ita certe ex Quintiliano praeceptore meo audisse me memini.
(10) Narrabat ille: "Assectabar Domitium Afrum. Cum apud centumviros diceret graviter et lente - hoc enim illi actionis genus erat -, audit ex proximo immodicum insolitumque clamorem. Admiratus reticuit; ubi silentium factum est, repetit, quod abruperat.
(11) Iterum clamor, iterum reticuit, et post silentium coepit. Idem tertio. Novissime, quis diceret, quaesiit. Responsum est: 'Licinus'. Tum intermissa causa 'Centumviri,' inquit, 'hoc artificium periit.'"
(12) Quod alioqui perire incipiebat, cum perisse Afro videretur, nunc vero prope funditus exstinctum et eversum est. Pudet referre, quae quam fracta pronuntiatione dicantur, quibus quam teneris clamoribus excipiantur.
(13) Plausus tantum ac potius sola cymbala et tympana illis canticis desunt: ululatus quidem - neque enim alio vocabulo potest exprimi theatris quoque indecora laudatio - large supersunt.
(14) Nos tamen adhuc et utilitas amicorum et ratio aetatis moratur ac retinet; veremur enim, ne forte non has indignitates reliquisse, sed laborem fugisse videamur. Sumus tamen solito rariores, quod initium est gradatim desinendi. Vale.
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Plinius grüßt seinen Maximus
(1) Du vermutest Wahres: Ich werde von den Zentumviralprozessen vielseitig in Anspruch genommen, die mich mehr abmühen als mir Freude bereiten. Die meisten sind nämlich winzige und kleine. Selten ereignet sich einer, der ausgezeichnet ist durch die Berühmtheit der Personen oder der Größe des Gegenstandes.
(2) Außerdem gibt es nur wenige, mit denen es freut zu sprechen. Die übrigen frechen und zu großem Teil unbekannten jungen Männer kommen hierher, um sich im Vortrag zu üben, so unbescheiden und unbesonnen, dass unser Autilius, wie mir scheint, treffend gesagt hat, dass die Jungen so auf dem Forum von den Zentumviralprozessen anfangen, wie von Homer in den Schulen. Denn auch hier wie dort fängt es an, das erste zu sein, was das Schwierigste ist.
(3) Aber beim Herkules vor meiner Zeit - so pflegen die älteren Leute zu sagen - gab es nicht einmal für die vornehmsten jungen Leute Zutritt, außer wenn sie irgendein Konsular hinführte: Mit solcher Verehrung wurde dies sehr wunderschöne Werk gepflegt.
(4) Nun, nachdem die Riegel des Schams und der Scheu zerbrochen worden waren, steht alles allen offen, und sie werden nicht eingeführt, sondern brechen herein. Es folgen den Rednern ähnliche Zuhörer, gemietet und gekauft. Der Unternehmer wird besucht, inmitten der Basilika werden so öffentlich Speisekörbchen gegeben wie im Speisezimmer; Von einer Gerichtsverhandlung geht man über zu einer anderen Gerichtsverhandlung zu demselben Preis.
(5) Daher nennt man sie nicht ohne Witz „Sophoklesse“ nach den weise auch so genannten, denselben Leuten hat man den Lateinischen Namen Laudicener gegeben.
(6) Und dennoch wächst von Tag zu Tag die Hässlichkeit, die in beiden Sprachen erkannt wird. Gestern wurden meine zwei Nomenklatoren für drei Denare weggeschleppt, um zu loben (Sie haben freilich das Alter derer, die neulich erst die Togen genommen haben). Soviel kostet es, damit du sehr beredt bist. Für diesen Preis füllen sich beliebig viele Bänke, für diesen Preis sammelt sich ein ungeheurer Kranz, für diesen Preis wird ein unendliches Geschrei in Bewegung gesetzt, wenn der Chorführer das Zeichen gegeben hat.
(7) Ein Zeichen ist nämlich bei denen, die nicht verstehen, ja nicht einmal zuhören;
(8) Denn die meisten hören nicht zu, aber niemand lobt mehr. Wenn du irgendwann durch die Basilika gehen wirst und wissen willst, auf welche Weise jemand redet, gibt es keinen Grund dafür, dass du auf die Bühne gehen musst, keinen dafür, dass du die Ohren darbieten musst. Leicht ist die Ahnung: Wisse, dass derjenige am schlechtesten spricht, der am meisten gelobt wird.
(9) Zuerst hat Larcius Licinus diese Sitte des Zuhörens eingeführt, bloß soweit dennoch, dass er die Zuhörer zusammenbat. So erinnere ich mich sicher, es von meinem Lehrer Quintilian gehört zu haben.
(10) Jener erzählte: „Ich begleitete Domitius Afer. Als er vor den Zentumvirn tief und langsam geredet hat (das war nämlich die Art seines Vortags), hörte er aus der Nähe ein maßloses und ungewohntes Geschrei. Verwundert schwieg er. Sobald als Ruhe eingetreten war, wiederholte er das, was er abgebrochen hatte.
(11) Wieder Geschrei, wieder Stille, und nach der Stille begann er. Dasselbe beim dritten Mal. Schließlich fragte er, wer spricht. Es wurde geantwortet: „Licinus“. Dann, nachdem der Fall abgebrochen worden war, sagte er: „Zentumvirn, diese Kunst ist zugrunde gegangen.“
(12) Was außerdem noch anfing unterzugehen, als es dem Afer schon untergegangen schien, ist nun wirklich fast von Grund auf ausgelöscht und vernichtet worden. Man schämt sich vorzutragen, was, wie mit schwacher Rede gesagt wurde, wie mit jugendlichem Geschrei aufgenommen wurde.
(13) Nur Beifall und vielmehr allein Becken und Pauken fehlen bei diesem Singsang. Geheul ist - denn mit einem anderen Wort kann der Lobgeschrei, der auch für ein Theater unsittlich ist, nicht ausgedrückt werden - freilich reichlich übrig.
(14) Dennoch hält und fesselt mich bis jetzt sowohl der Vorteil der Freunde als auch die Rücksicht auf mein Alter. Ich fürchte nämlich, dass ich vielleicht nicht zufällig diesen Unwillen zurückgelassen zu haben scheine, sondern dass ich die Mühen geflohen zu haben schien. Ich bin dennoch seltener da als gewohnt, was der Anfang des stufenweisen Rückzugs ist. Leb wohl!
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2,15 C. PLINIUS VALERIANO SUO S.
(1) Quo modo te veteres Marsi tui? quo modo emptio nova Placent agri, postquam tui facti sunt? Rarum id quidem nihil enim aeque gratum est adeptis quam concupiscentibus.
(2) Me praedia materna parum commode tractant, delectant tamen ut materna, et alioqui longa patientia occallui. Habent hunc finem assiduae querellae, quod queri pudet. Vale.
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Plinius grüßt seinen Valerianus
(1) Wie ist es für deine alten Marser? Wie ist der neue Kauf? Gefällt dir das Feld, nachdem du es zu deinem gemacht hast? Jedenfalls ist dies selten; denn nichts ist ebenso willkommen für den, der es erreicht hat, wie für den, der es noch begehrt.
(2) Mein mütterliches Gut behandelt mich wenig angemessen, sie erfreuen mich dennoch, wie mütterliche, und außerdem hat mich die lange Geduld abgestumpft. Sie haben das Ziel der dauerhaften Klage, dass man sich schämt zu klagen. Leb wohl.
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2,16 C. PLINIUS ANNIO SUO S..
(1) Tu quidem pro cetera tua diligentia admones me codicillos Aciliani, qui me ex parte instituit heredem, pro non scriptis habendos, quia non sint confirmati testamento;
(2) quod ius, ne mihi quidem ignotum est, cum sit iis etiam notum, qui nihil aliud sciunt. Sed ego propriam quandam legem mihi dixi, ut defunctorum voluntates, etiamsi iure deficerentur, quasi perfectas tuerer. Constat autem codicillos istos Aciliani manu scriptos.
(3) Licet ergo non sint confirmati testamento, a me tamen ut confirmati observabuntur, praesertim cum delatori locus non sit.
(4) Nam si verendum esset ne quod ego dedissem populus eriperet, cunctantior fortasse et cautior esse deberem; cum vero liceat heredi donare, quod in hereditate subsedit, nihil est quod obstet illi meae legi, cui publicae leges non repugnant. Vale.
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Plinius grüßt seinen Annius
(1) Du jedenfalls erinnerst mich gemäß deiner übrigen Sorgfalt, dass das Kodizill des Acilianus, der mich zu einem Teil als Erben aufgestellt hat, nicht für einen schriftlichen Auftrag zu halten sei, weil es nicht durch das Testament bestätigt worden sei;
(2) Nicht einmal mir ist unbekannt, was das Recht ist, weil es sogar denen bekannt ist, die nichts anderes wissen. Aber ich habe mir ein gewisses eigentümliches Gesetz gesagt, nämlich dass ich den Willen der Verstorbenen, auch wenn es ihm an Recht fehlt, gleichsam als vollendet betrachte. Es steht aber fest, dass dieses Kodizill durch die Hand des Acilianus verfasst worden ist.
(3) Mag es also nicht durch das Testament bestätigt worden sein, es wird von mir dennoch wie bestätigt gehalten werden, besonders weil es keinen Raum für einen Verräter gibt.
(4) Denn wenn man fürchten müsste, dass das Volk das, was ich gegeben habe, an sich reißt, so müsste ich vielleicht bedächtiger und vorsichtiger sein. Aber da dem Erben erlaubt ist zu verschenken, was bei der Erbschaft zurückgeblieben ist, gibt es keinen Grund dafür, dass jenem meinem Gesetz etwas entgegensteht, dem die staatlichen Gesetze nicht widersprechen. Leb wohl!
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2,17 C. PLINIUS GALLO SUO S.
(1) Miraris cur me Laurentinum vel - si ita mavis -, Laurens meum tanto opere delectet; desines mirari, cum cognoveris gratiam villae, opportunitatem loci, litoris spatium.
(2) Decem septem milibus passuum ab urbe secessit, ut peractis, quae agenda fuerint, salvo iam et composito die possis ibi manere. Aditur non una via; nam et Laurentina et Ostiensis eodem ferunt, sed Laurentina a quarto decimo lapide, Ostiensis ab undecimo relinquenda est. Utrimque excipit iter aliqua ex parte harenosum, iunctis paulo gravius et longius, equo breve et molle.
(3) Varia hinc atque inde facies; nam modo occurrentibus silvis via coartatur, modo latissimis pratis diffunditur et patescit; multi greges ovium, multa ibi equorum boum armenta, quae montibus hieme depulsa herbis et tepore verno nitescunt. Villa usibus capax, non sumptuosa tutela.
(4) Cuius in prima parte atrium frugi, nec tamen sordidum; deinde porticus in D litterae similitudinem circumactae, quibus parvola sed festiva area includitur. Egregium hac adversus tempestates receptaculum; nam specularibus ac multo magis imminentibus rectis muniuntur.
(5) Est contra medias cavaedium hilare, mox triclinium satis pulchrum, quod in litus excurrit ac si quando Africo mare impulsum est, fractis iam et novissimis fluctibus leviter alluitur. Undique valvas aut fenestras non minores valvis habet atque ita a lateribus a fronte quasi tria maria prospectat; a tergo cavaedium porticum aream porticum rursus, mox atrium silvas et longinquos respicit montes.
(6) Huius a laeva retractius paulo cubiculum est amplum, deinde aliud minus quod altera fenestra admittit orientem, occidentem altera retinet; hac et subiacens mare longius quidem sed securius intuetur.
(7) Huius cubiculi et triclinii illius obiectu includitur angulus, qui purissimum solem continet et accendit. Hoc hibernaculum, hoc etiam gymnasium meorum est; ibi omnes silent venti, exceptis qui nubilum inducunt, et serenum ante quam usum loci eripiunt.
(8) Annectitur angulo cubiculum in hapsida curvatum, quod ambitum solis fenestris omnibus sequitur. Parieti eius in bibliothecae speciem armarium insertum est, quod non legendos libros sed lectitandos capit.
(9) Adhaeret dormitorium membrum transitu interiacente, qui suspensus et tubulatus conceptum vaporem salubri temperamento huc illuc digerit et ministrat. Reliqua pars lateris huius servorum libertorumque usibus detinetur, plerisque tam mundis, ut accipere hospites possint.
(10) Ex alio latere cubiculum est politissimum; deinde vel cubiculum grande vel modica cenatio, quae plurimo sole, plurimo mari lucet; post hanc cubiculum cum procoetone, altitudine aestivum, munimentis hibernum; est enim subductum omnibus ventis. Huic cubiculo aliud et procoeton communi pariete iunguntur.
(11) Inde balinei cella frigidaria spatiosa et effusa, cuius in contrariis parietibus duo baptisteria velut eiecta sinuantur, abunde capacia si mare in proximo cogites. Adiacet unctorium, hypocauston, adiacet propnigeon balinei, mox duae cellae magis elegantes quam sumptuosae; cohaeret calida piscina mirifica, ex qua natantes mare aspiciunt,
(12) nec procul sphaeristerium quod calidissimo soli inclinato iam die occurrit. Hic turris erigitur, sub qua diaetae duae, totidem in ipsa, praeterea Chianti quae latissimum mare longissimum litus villas amoenissimas possidet.
(13) Est et alia turris; in hac cubiculum, in quo sol nascitur conditurque; lata post apotheca et horreum, sub hoc triclinium, quod turbati maris non nisi fragorem et sonum patitur, eumque iam languidum ac desinentem; hortum et gestationem videt, qua hortus includitur.
(14) Gestatio buxo aut rore marino, ubi deficit buxus, ambitur; nam buxus, qua parte defenditur tectis, abunde viret; aperto caelo apertoque vento et quamquam longinqua aspergine maris inarescit.
(15) Adiacet gestationi interiore circumitu vinea tenera et umbrosa, nudisque etiam pedibus mollis et cedens. Hortum morus et ficus frequens vestit, quarum arborum illa vel maxime ferax terra est, malignior ceteris. Hac non deteriore quam maris facie Chianti remota a mari fruitur, cingitur diaetis duabus a tergo, quarum fenestris subiacet vestibulum villae et hortus alius pinguis et rusticus.
(16) Hinc cryptoporticus prope publici operis extenditur. Utrimque fenestrae, a mari plures, ab horto singulae sed alternis pauciores. Hae cum serenus dies et immotus, omnes, cum hinc vel inde ventis inquietus, qua venti quiescunt sine iniuria patent.
(17) Ante cryptoporticum xystus violis odoratus. Teporem solis infusi repercussu cryptoporticus auget, quae ut tenet solem sic aquilonem inhibet summovetque, quantumque caloris ante tantum retro frigoris; similiter africum sistit, atque ita diversissimos ventos alium alio latere frangit et finit. Haec iucunditas eius hieme, maior aestate.
(18) Nam ante meridiem xystum, post meridiem gestationis hortique proximam partem umbra sua temperat, quae, ut dies crevit decrevitve, modo brevior modo longior hac vel illa cadit.
(19) Ipsa vero cryptoporticus tum maxime caret sole, cum ardentissimus culmini eius insistit. Ad hoc patentibus fenestris favonios accipit transmittitque nec umquam aere pigro et manente ingravescit.
(20) In capite xysti, deinceps cryptoporticus horti, diaeta est amores mei, re vera amores: ipse posui. In hac heliocaminus quidem alia xystum, alia mare, utraque solem, cubiculum autem valvis cryptoporticum, fenestra prospicit mare.
(21) Contra parietem medium zotheca perquam eleganter recedit, quae specularibus et velis obductis reductisve modo adicitur cubiculo modo aufertur. Lectum et duas cathedras capit; a pedibus mare, a tergo villae, a capite silvae: tot facies locorum totidem fenestris et distinguit et miscet.
(22) Iunctum est cubiculum noctis et somni. Non illud voces servolorum, non maris murmur, non tempestatum motus non fulgurum lumen, ac ne diem quidem sentit, nisi fenestris apertis. Tam alti abdicitque secreti illa ratio, quod interiacens andron parietem cubiculi hortique distinguit atque ita omnem sonum media inanitate consumit.
(23) Applicitum est cubiculo hypocauston perexiguum, quod angusta fenestra suppositum calorem, ut ratio exigit, aut effundit aut retinet. Procoeton inde et cubiculum porrigitur in solem, quem orientem statim exceptum ultra meridiem oblicum quidem sed tamen servat.
(24) In hanc ego diaetam cum me recepi, abesse mihi etiam a villa mea videor, magnamque eius voluptatem praecipue Saturnalibus capio, cum reliqua pars tecti licentia dierum festisque clamoribus personat; nam nec ipse meorum lusibus nec illi studiis meis obstrepunt.
(25) Haec utilitas haec amoenitas deficitur aqua salienti, sed puteos ac potius fontes habet; sunt enim in summo. Et omnino litoris illius mira natura: quacumque loco moveris humum, obvius et paratus umor occurrit, isque sincerus ac ne leviter quidem tanta maris vicinitate corruptus.
(26) Suggerunt affatim ligna proximae silvae; ceteras copias ostiensis colonia ministrat. Frugi quidem homini sufficit etiam vicus, quem una villa discernit. In hoc balinea meritoria tria, magna commoditas, si forte balineum domi vel subitus adventus vel brevior mora calfacere dissuadeat.
(27) Litus ornant varietate gratissima nunc continua nunc intermissa tecta villarum, quae praestant multarum urbium faciem, sive mari sive ipso litore utare; quod non numquam longa tranquillitas mollit, saepius frequens et contrarius fluctus indurat.
(28) Mare non sane pretiosis piscibus abundat, soleas tamen et squillas optimas egerit. Villa vero nostra etiam mediterraneas copias praestat, lac in primis; nam illuc e pascuis pecora conveniunt, si quando aquam umbramve sectantur.
(29) Iustisne de causis iam tibi videor incolere inhabitare diligere secessum? quem tu nimis urbanus es nisi concupiscis. Atque utinam concupiscas! ut tot tantisque dotibus villulae nostrae maxima commendatio ex tuo contubernio accedat. Vale.
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Plinius grüßt seinen Gallus
(1) Du wunderst dich, warum mich das Laurentinische oder (wenn du lieber so willst) mein Laurentinisches Landgut so sehr erfreut; du wirst aufhören, dich zu wundern, wenn du kennen wirst die Anmut des Landhauses, die günstige Lage des Ortes, die Ausdehnung des Strandes.
(2) Es ist 17 Meilen von Rom entfernt, sodass man, nachdem erledigt worden ist, was gemacht werden musste, ohne Änderung der Tagesordnung dort bleiben kann. Man nähert sich nicht auf einem Weg; denn der Laurentinische und der Ostiensische führen ebendorthin, aber der Laurentinische muss am 14., der Ostiensische am 11. Meilenstein verlassen werden. Auf beiden Seiten trifft er einen zum Teil sandigen Weg, mit einem Gespann ein wenig schwerer und länger, mit einem Pferd kurz und angenehm.
(3) Von hier und von dort ist die Aussicht verschieden. Denn bald verengt sich der Weg durch entgegenkommende Wälder, bald wird er zerstreut und öffnet sich durch sehr breite Wiesen. Viele Schafherden, viele Herden von Pferden und Rinder dort, die, im Winter von den Bergen weggetrieben, durch Gräser und laue Frühlingstemperaturen anfangen, stattlich auszusehen. Die Villa ist für den Gebrauch geräumig, die Unterhaltung nicht kostspielig.
(4) In dessen ersten Teil ein sparsames Atrium, dennoch aber nicht schmutzig; dann eine Säulenhalle, die herumgeführt wird in der Ähnlichkeit des Buchstabens D, durch die umschlossen wird ein kleiner, aber festlicher Hofraum. Dieser ist ein ausgezeichneter Rückzugsort gegen Unwetter; denn er wird befestigt durch Fensterscheiben und viel mehr durch hervorragende Dächer.
(5) Gegenüber in der Mitte ist ein freundlicher Innenhof, dann ein recht schönes Speisezimmer, das zum Ufer hinausläuft und, wenn einmal das Meer vom Africus angetrieben worden ist, von den schon gebrochenen und sehr neuen Fluten leicht angespült wird. Auf allen Seiten hat es Türflügel oder Fenster nicht kleiner als die Flügeltüren und gewährt so von den Seiten und von vorn gleichsam die Aussicht auf drei Meere; von hinten schaut man auf den Innenhof, den Säulengang, den Hofraum, wieder auf den Säulengang, dann das Atrium, die Wälder und die langen Berge.
(6) Links von diesem - nur etwas weiter zurück - ist ein geräumiges Schlafzimmer, dann ein anderes, kleineres, das durch das eine Fenster die Morgensonne durchlässt, durch das andere die Abendsonne festhält; durch dieses sieht man auch das darunterliegende Meer, zwar weiter entfernt, aber sicherer.
(7) Ein Winkel wird umschlossen durch das Zusammentreffen jenes Schlaf- und Esszimmers, der die reinsten Sonnenstrahlen festhält und verstärkt. Dies ist der Winteraufenthaltsort, dies ist auch der Turnplatz meiner Leute; dort schweigen alle Winde, außer denen, die Wolken hineinführen und die die Sonne eher nehmen als den Gebrauch des Ortes.
(8) An diesem Winkel schließt sich ein halbkreisförmiges Schlafzimmer an, das dem Gang der Sonne mit allen Fenstern folgt. Dessen Wand wurde eingesät nach Art einer Bibliothek ein Wandschrank, der nicht zu lesende Bücher, zu sammelnde aufnimmt.
(9) Ein Schlafzimmer grenzt an, das verbunden ist mit einem Zimmer durch einen Gang, der, unterkellert und mit Heizrohren versehen, die gesammelte Heizluft in angenehmer Temperatur hierhin und dorthin leitet und verteilt. Der übrige Teil dieser Seite ist für den Gebrauch der Sklaven und Freigelassenen bestimmt, obgleich die meisten so fein sind, dass sie Gäste aufnehmen können.
(10) Auf der anderen Seite ist ein sehr geschmackvolles Schlafzimmer; dann entweder ein großes Schlafzimmer oder ein kleines Speisezimmer, das durch viele Sonnenstrahlen, durch viel Meer erstrahlt. Danach dieses Zimmer mit Vorraum, durch die Höhe für den Sommer, durch die geschützte Lage für den Winter geeignet. Es ist nämlich jedem Wind entzogen. Mit diesem Zimmer gemeinsam ist ein anderes und ein Vorraum, durch eine Wand verbunden.
(11) Dann das geräumige und weite Zimmer für das Kaltwasserbad, an dessen gegenüberliegenden Wänden sich zwei Bassins wie hinausgeworfen krümmen, groß genug, wenn man das Meer in der Nähe bedenkt. Daneben liegen das Salbzimmer, die Heizungsanlage, der Heizraum für das Bad, dann zwei Räume, mehr elegant als aufwendig; Damit ist ein herrliches Warmwasserbecken verbunden, aus dem man beim Schwimmen das Meer erblickt.
(12) Nicht weit ist eine Ballspielhalle, die im Hochsommer erst Sonne bekommt, wenn der Tag sich schon neigt. Hier erhebt sich ein Turm, unter dem zwei sind, unten zwei und oben zwei, außerdem ist ein Speisesaal, der das weite Meer, das ausgedehnte Ufer und die herrlichen Landhäuser hat.
(13) Es gibt auch noch einen anderen Turm; in dem ist ein Speisezimmer, in dem die Sonne geboren wird und sich gründet. Dahinter ein großer Weinkeller und eine Speisekammer, unter diesem ein Speisezimmer, das bei stürmischer See nichts erduldet außer Krachen und Geräusche, und das auch nur schwach und gedämpft; Man sieht einen Garten und eine Promenade, durch die der Garten umschlossen wird.
(14) Die Promenade ist mit Buchsbaum oder, wo der Buchsbaum fehlt, mit Rosmarin umgeben. Denn Buchsbaum, der durch Dächer zu einem Teil geschützt ist, grünt üppig. Unter freiem Himmel und durch offenen Wind, wenn auch fern von Meer, vertrocknet er.
(15) Längs der Innenseite der Promenade schließt sich ein junger, schattiger Weinlaubengang an, auch für nackte Füße weich und elastisch. Feigen und Maulbeerbäume bekleiden den Garten zahlreich, für die der Boden sehr fruchtbar ist, während er für andere Bäume sehr ungünstig ist. Diese Aussicht, die nicht weniger schön ist als der Blick auf das Meer, genießt der Speisesaal, der vom Meer zurückgezogen ist, umgürtet wird er von hinten durch zwei Zimmer, unter deren Fenster die Vorhalle der Villa und ein ertragreicher, ländlicher Küchengarten liegen.
(16) Von dort erstreckt sich eine Wandelhalle, die beinahe wie ein öffentliches Gebäude aussieht. Auf beiden Seiten Fenster, zum Meer hin mehr, zum Garten hin nur einzelne, aber um die Hälfte weniger. Wenn der Tag heiter und windstill ist, stehen alle ohne Nachteil offen, wenn der Wind aber von der einen oder der anderen Seite weht, dann die nur auf der windstillen Seite.
(17) Vor der Wandelhalle befindet sich eine von Veilchen duftende Blumenterasse. Die Wanderhalle vermehrt durch Rückstrahlung der Sonne die Wärme der einfallenden Sonne. Und wie sie die Sonnenwärme festhält, so hemmt und hält sie den Nordwind ab und so warm es auf der Vorderseite ist, so kühl ist es hinten; ähnlich hält sie den Südwind ab und so hemmt sie die entgegengesetzten Winde, den einen auf dieser, den anderen auf jener Seite. Diese Annehmlichkeit bietet sie im Winter, die größere im Sommer.
(18) Denn vormittags kühlt sie die Terrasse, nachmittags den nächstgelegenen Teil der Promenade und des Gartens mit ihrem Schatten, der, wie der Tag zu oder abnimmt, mal kürzer, mal länger auf dieses oder jenes fällt.
(19) Die Wandelhalle selbst bedarf dann am meisten der Sonne, wenn diese am heißesten über ihrem Dachgiebel steht. Dazu lässt sie bei geöffneten Fenstern die Westwinde herein und lässt sie durchziehen, und so wird sie nie durch dumpfe oder stehende Luft unerträglich.
(20) Am oberen Ende der Terrasse und sodann der Wandelhalle und des Gartens befindet sich ein Gartenhaus, mein Lieblingsaufenthalt, ja wirklich mein Lieblingsaufenthalt: Ich selbst habe es hingestellt. In ihm befindet sich ein Raum für Sonnenbäder, wo man auf der einen Seite die Terrasse, auf der anderen das Meer, auf beiden Seiten die Sonne sieht. Ferner sieht man vom Wohnzimmer durch die Flügeltüren die Wandelhalle, durch die Fenster das Meer.
(21) Gegenüber der Mitte der Wand springt sehr elegant ein Kabinett hervor, das durch Zuziehen oder Aufziehen von Glaswänden und Vorhängen bald dem Zimmer angefügt, bald von ihm entfernt werden kann. Es kann ein Bett und zwei Sessel aufnehmen; zu den Füßen das Meer, im Rücken die Landhäuser, vorne Wälder: so viele Ansichten trennt und vereinigt es durch ebensoviele Fenster.
(22) Verbunden ist ein Schlafzimmer für die Nacht und den Schlaf. Hier merkt man nicht die Stimmen der Sklaven, das Rauschen des Meeres, das Brausen der Stürme, das Leuchten der Blitze, und nicht einmal das Tageslicht, außer wenn die Fenster geöffnet sind. Der Grund für eine so tiefe, ungestörte Stille liegt darin, dass ein dazwischenliegender Korridor die Wand des Schlafzimmers vom Garten trennt und so jedes Geräusch durch den leeren Raum dazwischen dämpft.
(23) Dem Schlafzimmer angefügt ist ein sehr kleiner Heizraum, der durch eine enge Öffnung die von unten herausströmende Wärme je nach Bedarf herauflässt oder zurückhält. Darauf folgen ein Vorraum und ein Zimmer, das zur Sonne hin liegt, und das diese sofort beim Aufgang auffängt und bis über den Mittag behält, dann allerdings nur noch ihre schwachen Strahlen.
(24) Immer wenn ich mich in meinen Garten zurückziehe, scheint es mir sogar, dass ich fern von meinem Landgut bin und ich habe eine große Freude vor allem bei den Saturnalien, wenn der übrige Teil des Hauses durch die Ausgelassenheit der Tage und durch festliches Geschrei widerhallt. Denn weder störe ich die Vergnügungen meiner Leute, noch stören sie mich bei meinen Studien.
(25) Diesen Annehmlichkeiten, diesen Vorteilen fehlt nur ein Springbrunnen, aber es gibt hier Brunnen und vielmehr Quellen. Sie liegen nämlich ganz oben. Die Beschaffenheit des Ufers ist gänzlich bewundernswert: an welchem Ort auch immer man die Erde bewegt, rennt einem das Wasser sofort entgegen, und zwar rein und nicht einmal durch die Nähe des Meeres leicht verdorben.
(26) Die nahegelegenen Wälder bringen mehr als genug Holz; und die übrigen Vorräte bring die Stat Ostia. Für einen sparsamen Mann genügt auch das Dorf, das nur ein Landgut trennt. Dort gibt es drei Mietbäder, eine große Annehmlichkeit, wenn einmal plötzliche Ankunft oder ein zu kurzer Aufenthalt es nicht ratsam erscheinen lassen, da Bad zu Hause anzuheizen.
(27) Die Küste schmücken in sehr gefälligem Wechsel bald zusammenhängende, bald einzeln stehende Landhäuser, die wie viele Städte aussehen, mag man sich auf dem Meer oder auf dem Strand selbst aufhalten; diesen besänftigt bisweilen die lange Ruhe, aber öfter macht häufige und starke Flut ihn unfreundlich.
(28) Das Meer hat freilich keinen Überfluss an kostbaren Fischen, doch liefert es Schollen und sehr gute Krabben. Mein Landgut bietet aber auch unsere mediterranen Vorräte, vor allem Milch. Denn dort kommt das Vieh auf das Weideland, wenn es einmal Wasser oder Schatten sucht.
(29) Scheint es dir nun richtig, dass ich aus diesen Gründen die Einsamkeit pflege, bewohne, liebe? Wenn du dies nicht wünschst, bist du allzu sehr städtisch. Und hoffentlich hast du Sehnsucht! Damit den zahlreichenden, bedeutenden Vorzügen meines kleinen Landgutes die größte Anerkennung durch deinen Besuch zu teil würde. Leb wohl!
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2,18 C. PLINIUS MAURICO SUO S.
(1) Quid a te mihi iucundius potuit iniungi, quam ut praeceptorem fratris tui liberis quaererem? Nam beneficio tuo in scholam redeo, et illam dulcissimam aetatem quasi resumo: sedeo inter iuvenes ut solebam, atque etiam experior quantum apud illos auctoritatis ex studiis habeam.
(2) Nam proxime frequenti auditorio inter se coram multis ordinis nostri clare iocabantur; intravi, conticuerunt; quod non referrem, nisi ad illorum magis laudem quam ad meam pertineret, ac nisi sperare te vellem posse fratris tui filios probe discere.
(3) Quod superest, cum omnes qui profitentur audiero, quid de quoque sentiam scribam, efficiamque quantum tamen epistula consequi potero, ut ipse omnes audisse videaris.
(4) Debeo enim tibi, debeo memoriae fratris tui hanc fidem hoc studium, praesertim super tanta re. Nam quid magis interest vestra, quam ut liberi - dicerem tui, nisi nunc illos magis amares - digni illo patre, te patruo reperiantur? quam curam mihi etiam si non mandasses vindicassem.
(5) Nec ignoro suscipiendas offensas in eligendo praeceptore, sed oportet me non modo offensas, verum etiam simultates pro fratris tui filiis tam aequo animo subire quam parentes pro suis. Vale.
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Plinius grüßt seinen Mauricus
(1) Was könnte mir von dir angenehmeres angefügt werden, als dass ich einen Lehrer für die Kinder deines Bruders suchen soll? Denn durch deine Wohltat kehre ich in die Schule zurück und wiederhole gleichsam jenes sehr angenehme Alter: Ich sitze, wie ich es zu tun pflegte, zwischen den jungen Männern und erfahre auch, wie viel Ansehen ich bei jenen wegen meiner Studien habe.
(2) Denn sie scherzten kürzlich in einem zahlreich besuchten Hörsaal öffentlich in Anwesenheit von vielen unseres Standes hell miteinander; Ich trat ein, sie verstummten; das würde ich dir nicht berichten, wenn es nicht mehr zu ihrem als zu meinem Lob dienen würde, und wenn ich nicht wollen würde, dass du hoffst, dass die Söhne deines Bruders tüchtig lernen können.
(3) Was übrig ist, wenn ich alle, die sich anbieten, gehört haben werde, werde ich schreiben, was ich über jeden meine, und ich werde bewirken, so viel ich in einem Brief nachkommen kann, dass du selbst alle gehört zu haben scheinst.
(4) Ich schulde dir nämlich, ich schulde dem Andenken deines Bruders dieses Zuverlässigkeit und diesen Eifer, besonders über einer so wichtigen Sache. Denn was ist mehr euer Interesse, als dass die Kinder (ich würde sagen deine, wenn du jene jetzt nicht mehr liebst) sich ihres Vaters und deiner, ihres Onkels, würdig erweisen? Ich hätte diese Sorge mir bewahrt, auch wenn du sie mir nicht übergeben hättest.
(5) Ich weiß genau, dass man bei der Wahl eines Lehrers Anfeindungen auf sich nehmen muss, aber es gehört sich, dass ich nicht nur Anfeindungen, sondern auch Feindschaften für die Söhne deines Bruders ebenso gelassen auf mich nehme, wie die Eltern für ihre Kinder. Leb wohl!
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2,19 C. PLINIUS CERIALI SUO S.
(1) Hortaris, ut orationem amicis pluribus recitem. Faciam quia hortaris, quamvis vehementer addubitem.
(2) Neque enim me praeterit actiones, quae recitantur, impetum omnem caloremque ac prope nomen suum perdere, ut quas soleant commendare simul et accendere iudicum consessus, celebritas advocatorum, exspectatio eventus, fama non unius actoris, diductumque in partes audientium studium, ad hoc dicentis gestus incessus, discursus etiam omnibusque motibus animi consentaneus vigor corporis.
(3) Unde accidit ut ii qui sedentes agunt, quamvis illis maxima ex parte supersint eadem illa quae stantibus, tamen hoc quod sedent quasi debilitentur et deprimantur.
(4) Recitantium vero praecipua pronuntiationis adiumenta, oculi manus, praepediuntur. Quo minus mirum est, si auditorum intentio relanguescit, nullis extrinsecus aut blandimentis capta aut aculeis excitata.
(5) Accedit his quod oratio de qua loquor pugnax et quasi contentiosa est. Porro ita natura comparatum est, ut ea quae scripsimus cum labore, cum labore etiam audiri putemus.
(6) Et sane quotus quisque tam rectus auditor, quem non potius dulcia haec et sonantia quam austera et pressa delectent? Est quidem omnino turpis ista discordia, est tamen, quia plerumque evenit ut aliud auditores aliud iudices exigant, cum alioqui iis praecipue auditor affici debeat, quibus idem si foret iudex, maxime permoveretur.
(7) Potest tamen fieri ut quamquam in his difficultatibus libro isti novitas lenocinetur, novitas apud nostros; apud Graecos enim est quiddam quamvis ex diverso, non tamen omnino dissimile.
(8) Nam ut illis erat moris, leges quas ut contrarias prioribus legibus arguebant, aliarum collatione convincere, ita nobis inesse repetundarum legi quod postularemus, cum hac ipsa lege tum aliis colligendum fuit; quod nequaquam blandum auribus imperitorum, tanto maiorem apud doctos habere gratiam debet, quanto minorem apud indoctos habet.
(9) Nos autem si placuerit recitare adhibituri sumus eruditissimum quemque. Sed plane adhuc an sit recitandum examina tecum, omnesque quos ego movi in utraque parte calculos pone, idque elige in quo vicerit ratio. A te enim ratio exigetur, nos excusabit obsequium. Vale.
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Plinius grüßt seinen Cerialis
(1) Du forderst mich auf, dass ich meine Rede mehreren Freunden vortrage. Ich werde es machen, weil du mich aufforderst, obwohl ich heftiges Bedenken habe.
(2) Denn mir ist nicht entgangen, dass Gerichtsreden, die vorgetragen werden, ihren ganzen Drang und Glanz und beinahe ihren Namen verlieren, sodass die Versammlung der Richter, der zahlreiche Besuch der Anwälte, die Erwartung der Entscheidung, der Ruf des nicht einen Redners, der in Teile geteilte Eifer der Zuhörer, dazu die Haltung des Redners und sein Vorgehen, auch sein Hin-und-her-laufen und die Tatkraft seines Körpers, die allen Bewegungen seiner Seele entspricht, diese Reden gewöhnlich auszeichnet und glänzend macht.
(3) Daher kommt es, dass diejenigen, die sitzend verhandeln, obwohl jenen größtenteils dieselben Mittel vorhanden sind wie denen, die stehen, dennoch dadurch, dass sie sitzen, geschwächt werden und niedergehalten werden.
(4) Aber die besonderen Hilfsmittel des Vortragens, Augen und Hände, werden beim Vortrag gehemmt. Umso weniger verwunderlich ist es, wenn die Aufmerksamkeit der Zuhörer erschlafft, die außen weder durch Schmeicheleien gefangen, noch durch tiefere Eindrücke erregt wird.
(5) Dazu kommt noch, dass die Rede, über die ich spreche, kämpferisch und gleichsam streitsüchtig ist. Ferner ist sie durch die Natur so beschaffen, dass wir glauben, dass diese Sachen, die wir mit Mühe geschrieben haben, auch mit Mühe gehört werden.
(6) Und freilich wie viele welcher Zuhörer sind so sachkundig, die nicht eher dieses Liebliche und wohlklingende als ernstes und gedrängtes erfreuen?
Dieser Widerspruch ist freilich ganz und gar schändlich, dennoch besteht er, weil es meistens geschieht, dass die Zuhörer etwas anderes verlangen als die Richter, während der Zuhörer ohnehin diesen Dingen angefügt werden müsste, durch die er zugleich, wenn er Richter wäre, am meisten bewegt wird.
(7) Dennoch ist es möglich, dass trotz dieser Schwierigkeiten die Neuheit dieser Schrift einen höheren Reiz verleiht, die Neuheit bei uns; bei den Griechen nämlich ist etwas wie sehr auch aus Verschiedenem, dennoch nicht ganz und gar ungleich.
(8) Denn wie es jenen Sitte war, die Gesetze, die sie wie widerstreitende mit früheren Gesetzen beschuldigten, durch den Vergleich mit anderen zu widerlegen, so musste ich zusammensuchen, dass wir das, was wir forderten, erst in diesem Gesetz, dann in anderen zusammensammeln müssen, dass sich schon im Repetundengesetz befindet; Weil das für die Ohren der Unkundigen keineswegs schmeichelhaft ist, muss es bei den Gelehrten umso größeren Reiz haben, je geringeren Reiz es bei den Unkundigen hat.
(9) Wenn es mir gefallen sollte, vorzulesen, werde ich jedoch die sehr Gebildeten hinzuziehen. Aber prüfe bei dir freilich, ob ich vorlesen soll, leg alle Gründe, die ich bewegt habe, in beide Teile der Rechnung und wähle das, bei dem die Vernunft gesiegt hat. Von dir nämlich wird man Vernunft fordern, uns wird die Folgsamkeit entschuldigen. Leb wohl!
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2,20 C. PLINIUS CALCISIO SUO S.
(1) Assem para et accipe auream fabulam, fabulas immo; nam me priorum nova admonuit, nec refert a qua potissimum incipiam.
(2) Verania Pisonis graviter iacebat, huius dico Pisonis, quem Galba adoptavit. Ad hanc Regulus venit. Primum impudentiam hominis, qui venerit ad aegram, cuius marito inimicissimus, ipsi invisissimus fuerat!
(3) Esto, si venit tantum; at ille etiam proximus toro sedit, quo die qua hora nata esset interrogavit. Ubi audiit, componit vultum intendit oculos movet labra, agitat digitos computat. Nihil. Ut diu miseram exspectatione suspendit, 'habes' inquit 'climacterium tempus sed evades.
(4) Quod ut tibi magis liqueat, haruspicem consulam, quem sum frequenter expertus.'
(5) Nec mora, sacrificium facit, affirmat exta cum siderum significatione congruere. Illa ut in periculo credula poscit codicillos, legatum Regulo scribit. Mox ingravescit, clamat moriens hominem nequam perfidum ac plus etiam quam periurum, qui sibi per salutem filii peierasset.
(6) Facit hoc Regulus non minus scelerate quam frequenter, quod iram deorum, quos ipse cotidie fallit, in caput infelicis pueri detestatur.
(7) Velleius Blaesus ille locuples consularis novissima valetudine conflictabatur: cupiebat mutare testamentum. Regulus qui speraret aliquid ex novis tabulis, quia nuper captare eum coeperat, medicos hortari rogare, quoquo modo spiritum homini prorogarent.
(8) Postquam signatum est testamentum, mutat personam, vertit allocutionem isdemque medicis: 'Quousque miserum cruciatis? quid invidetis bona morte, cui dare vitam non potestis?' Moritur Blaesus et, tamquam omnia audisset, Regulo ne tantulum quidem.
(9) Sufficiunt duae fabulae, an scholastica lege tertiam poscis? est unde fiat.
(10) Aurelia ornata femina signatura testamentum sumpserat pulcherrimas tunicas. Regulus cum venisset ad signandum, 'Rogo' inquit 'has mihi leges.'
(11) Aurelia ludere hominem putabat, ille serio instabat; ne multa, coegit mulierem aperire tabulas ac sibi tunicas quas erat induta legare; observavit scribentem, inspexit an scripsisset. Et Aurelia quidem vivit, ille tamen istud tamquam morituram coegit. Et hic hereditates, hic legata quasi mereatur accipit.
(12) 'Alla ti diateinomai' in ea civitate, in qua iam pridem non minora praemia, immo maiora nequitia et improbitas quam pudor et virtus habent?
(13) Aspice Regulum, qui ex paupere et tenui ad tantas opes per flagitia processit, ut ipse mihi dixerit, cum consuleret quam cito sestertium sescentiens impleturus esset, invenisse se exta duplicia, quibus portendi miliens et ducentiens habiturum.
(14) Et habebit, si modo ut coepit, aliena testamenta, quod est improbissimum genus falsi, ipsis quorum sunt illa dictaverit. Vale.
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Plinius grüßt seinen Calcisius
(1) Bereite das Geld vor und nimm die goldene Geschichte an, ja sogar Geschichten; denn mich hat eine Neue an Frühere erinnert und es kommt nicht darauf an, von welcher ich am liebsten beginne.
(2) Verenia, Frau des Piso, lag schwer nieder, ich meine die dieses Piso, den Galba adoptierte. Zu ihr kam Regulus. Zunächst eine Unverschämtheit (Akk. des Ausrufs) des Menschen, der zu der Kranken gekommen ist, dessen Ehemann ihm sehr feindlich gesinnt war, der er selbst sehr verhasst war!
(3) Sei es drum, wenn er nur gekommen wäre; aber jener setzte sich auch sehr nahe an ihr Bett und fragte sie, an welchem Tag, zu welcher Stunde sie geboren sei. Sobald als er es hörte, verstellte er seine Miene, richtete seine Augen aus, bewegte die Lippen, machte die Finger und rechnete. Nichts. Als er die Arme lange mit Erwartung in der Schwebe gehalten hatte, sagte er: „Du hast ein Stufenjahr, aber du wirst davonkommen.“
(4) Damit dies dir deutlicher wird, werde ich einen Opferschauer um Rat fragen, den ich schon häufiger angewendet habe.
(5) Keine Verzögerung, er macht ein Opfer, er versichert, dass die Eingeweide mit dem Zeichen der Sterne übereinstimmen. Sie, leichtgläubig, wie man in der Gefahr ist, fordert ein Kodizill, schreibt ein Vermächtnis für Regulus. Bald wird er groß (Zustand verschlimmert sich), sterbend schreit sie, dass dieser Nichtsnutz, ein mehr als meineidiger Mann ist, der der ihr bei dem Heil seines Sohnes einen Meineid geschworen hatte.
(6) Dies macht Regulus nicht weniger skrupellos als häufig, dass er den Zorn der Götter, die er selbst täglich täuscht, auf den Kopf seines unglücklichen Jungen herab wünscht.
(7) Velleius Bassus, jener bekannte reiche Konsular, wurde von der neusten Krankheit heimgesucht: er wünschte, sein Testament zu ändern. Regulus, der aus den neuen Tafeln etwas erhoffte, weil er seit kurzem angefangen hatte, bei ihm erbzuschleichen, und angefangen hatte die Ärzte zu bitten und zu ermahnen, auf jede Weise den Geist des Menschen zu verlängern.
(8) Nachdem das Testament unterzeichnet worden war, wechselte er die Rolle, und änderte die Anrede von den denselben Ärzten: „Wie lange quält ihr den Armen noch? Warum vergönnt ihr einen guten Tod demjenigen, dem ihr das Leben nicht geben könnt?“ Blaesus stirbt und, als ob er alles gehört hätte, vermachte er dem Regulus nicht einmal das Geringste.
(9) Genügen zwei Geschichten, oder forderst du nach der Schulregel eine dritte? Es ist genug, wo sie entstehen.
(10) Aurelia, eine angesehene Frau, die im Begriff war, ihr Testament zu unterschreiben, hatte die schönsten Tuniken getragen. Regulus sagte, als sie zum Unterschreiben kam: „Ich bitte dich, dass du mir diese Kleider gibst.“
(11) Aurelia glaubte, dass der Mann scherzte, jener bestand im Ernst darauf; kurz, er drängte die Frau, ihre Tafeln zu öffnen und ihre Tuniken, die sie angezogen hatte, ihm zu vermachen. Er beobachtete sie, während sie schrieb, und sah hinein, ob sie geschrieben hatte. Und Aurelia lebte freilich, jener zwang sie dennoch dazu, als ob sie im Begriff wäre zu sterben. Hier nimmt er Erbschaften, dort Vermächtnisse, als ob er sie verdienen würde.
(12) Aber was rege ich mich in diesem Staat auf, in dem schon längst Gemeinheiten und Schlechtigkeiten nicht weniger Lohn, ja sogar mehr als Scham und Tugend haben?
(13) Sieh den Regulus an, der aus armen und kleinen Verhältnissen zu so großem Reichtum durch die Schandtaten vorgerückt ist, dass er selbst mir gesagt hat, als er um Rat fragte, wie schnell er 60 Millionen Sesterzen anfüllen kann, habe er doppelt so viele Eingeweide gefunden, durch die prophezeit wurde, dass er 120 Millionen haben wird.
(14) Und er wird sie haben, wenn er auf diese Weise, wie er begonnen hat, fremde Testamente den Leuten selbst, die ihr eigen sind, diktiert, was die allerschändlichste Art des Betruges ist. Leb wohl!
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Imperator |
gedruckt am 24.11.2024 - 16:07 |
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