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Vergil - Ecloge V - Daphnis
15.12.2011 - 14:00

Ecloge V



Daphnis



Die beiden Hirten Mopsus und Menalcas singen ein Loblied auf den an Liebeskummer zugrunde gegangenen Daphnis, nachdem sie sie sich zuvor selbst ausgiebig Komplimente gemacht haben. Menalcas und Mopsus erklären den Hirten Daphnis zu einer Gottheit, wodurch die zuvor durch dessen Tod erschütterte Natur wieder ihren Frieden findet.
Das zweite wichtige Thema dieser Ecloge ist Freundschaft: Nach ihrem Wechselgesang tauschen die beiden Hirten Geschenke aus: Menalcas erhält einen wertvollen Hirtenstab, den er bisher scheinbar noch niemand tragen durfte, und Mopsus erhält von Menalcas eine Hirtenflöte, auf der er angeblich die 2. und 3. Ekloge Vergils einstudiert hat.












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Menalcas:
Cur non, Mopse, boni quoniam convenimus ambo
tu calamos inflare leuis, ego dicere uersus,
hic corylis mixtas inter consedimus ulmos


Mopsus:
Tu maior; tibi me est aequum parere, Menalca,
sive sub incertas Zephyris motantibus umbras,
sive antro potius succedimus. Aspice ut antrum
silvestris raris sparsit labrusca racemis.


Menalcas:
Montibus in nostris solus tibi certat Amyntas.


Mopsus:
Quid, si idem certet Phoebum superare canendo?


Menalcas:
Incipe, Mopse, prior: si quos aut Phyllidis ignis
aut Alconis habes laudes aut iurgia Codri;
incipe; pascentis servabit Tityrus haedos.


Mopsus:
Immo haec in uiridi nuper quae cortice fagi
carmina descripsi et modulans alterna notaui,
experiar: tu deinde iubeto, certet Amyntas.



Menalcas:
Lenta salix quantum pallenti cedit olivae,
puniceis humilis quantum saliunca rosetis,
iudicio nostro tantum tibi cedit Amyntas.
Sed tu desine plura, puer; successimus antro.


Mopsus:
Exstinctum Nymphae crudeli funere Daphnim
flebant - uos coryli testes et flumina Nymphis-
cum complexa sui corpus miserabile nati
atque deos atque astra vocat crudelia mater.
Non ulli pastos illis egere diebus
frigida, Daphni, boves ad flumina: nulla neque amnem
libavit quadrupes, nec graminis attigit herbam.
Daphni, tuum Poenos etiam ingemuisse leones
interitum montesque feri silvaeque loquuntur.
Daphnis et Armenias curru subiungere tigris
instituit; Daphnis thiasos inducere Bacchi,
et foliis lentas intexere mollibus hastas.
Vitis ut arboribus decori est, ut vitibus uvae,
ut gregibus tauri, segetes ut pinguibus arvis,
tu decus omne tuis. Postquam te fata tulerunt,
ipsa Pales agros atque ipse reliquit Apollo.
Grandia saepe quibus mandavimus hordea, sulcis
infelix lolium et steriles nascuntur avenae;
pro molli viola, pro purpureo narcisso
carduus et spinis surgit paliurus acutis.
Spargite humum foliis, inducite fontibus umbras,
pastores (mandat fieri sibi talia Daphnis),
et tumulum facite, et tumulo superaddite carmen:
“Daphnis ego in silvis hinc usque ad sidera notus
formosi pecoris custos, formosior ipse.”



Menalcas:
Tale tuum carmen nobis, divine poeta,
quale sopor fessis in gramine, quale per aestum
dulcis aquae saliente sitim restinguere rivo.
Nec calamis solum aequiperas, sed uoce magistrum;
fortunate puer, tu nunc eris alter ab illo.
Nos tamen haec quocumque modo tibi nostra vicissim
dicemus, Daphnimque tuum tollemus ad astra;
Daphnim ad astra feremus: amavit nos quoque Daphnis.




Mopsus:
An quicquam nobis tali sit munere maius?
Et puer ipse fuit cantari dignus, et ista
iam pridem Stimichon laudauit carmina nobis.



Menalcas:
Candidus insuetum miratur limen Olympi,
sub pedibus videt nubes et sidera Daphnis.
Ergo alacris siluas et cetera rura voluptas
Panaque pastoresque tenet Dryadasque puellas.
Nec lupus insidias pecori, nec retia cervis
ulla dolum meditantur: amat bonus otia Daphnis.
Ipsi laetitia uoces ad sidera iactant
intonsi montes; ipsae iam carmina rupes,
ipsa sonant arbusta: "Deus, deus ille, Menalca!"
Sis bonus o felixque tuis! En quattuor aras:
ecce duas tibi, Daphni, duas altaria Phoebo.
Pocula bina novo spumantia lacte quotannis,
craterasque duo statuam tibi pinguis olivi,
et multo in primis hilarans convivia Baccho,
ante focum, si frigus erit, si messis, in umbra,
vina novum fundam calathis Ariusia nectar.
Cantabunt mihi Damoetas et Lyctius Aegon;
saltantis Satyros imitabitur Alphesiboeus.
Haec tibi semper erunt, et cum sollemnia vota
reddemus Nymphis, et cum lustrabimus agros.
Dum iuga montis aper, fluvios dum piscis amabit,
dumque thymo pascentur apes, dum rore cicadae,
semper honos nomenque tuum laudesque manebunt.
Ut Baccho Cererique, tibi sic vota quotannis
agricolae facient: damnabis tu quoque votis.



Mopsus:
Quae tibi, quae tali reddam pro carmine dona?
Nam neque me tantum venientis sibilus Austri
nec percussa iuvant fluctu tam litora, nec quae
saxosas inter decurrunt flumina valles.


Menalcas:
Hac te nos fragili donabimus ante cicuta:
haec nos "Formosum Corydon ardebat Alexim",
haec eadem docuit "Cuium pecus? an Meliboei?"


Mopsus:
At tu sume pedum, quod, me cum saepe rogaret,
non tulit Antigenes (et erat tum dignus amari),
formosum paribus nodis atque aere, Menalca.



Menalcas:
Mopsus, warum sitzen wir nicht, da wir zwei Guten ja zusammengekommen sind, du, um auf der leichten Flöte zu spielen, ich, um zu dichten, hier zwischen Ulmen, vermischt mit Haselstauden?


Mopsus:
Du bist älter; Es geziemt sich, dass ich dir Folge leiste, Menalcas, sei es, dass wir unter ungewisse Schatten bei wehendem Westwind oder, dass wir in eine Höhle gehen. Schau, wie eine wilde Rebe des Waldes mit einzelnen Trauben die Höhle schmückt.


Menalcas:
In unseren Bergen wetteifert einzig Amyntas mit dir.


Mopsus:
Was ist, wenn derselbe im Singen Pheobus übertreffen könnte?


Menalcas:
Fang als erster an, Mopsus: Wofern du irgendwelche Flammen der Phyliis oder Lobe des Alkon oder Gezänke des Codrus hast, fang an! Tityrus wird sich um die weidenden Ziegenböcke kümmern.


Mopsus:
Nein, ich werde mich an demjenigen Lied versuchen, das ich neulich auf die grüne Rinde der Buche geschrieben und mir gemerkt habe, indem ich sie im elegischen Distichon sang: Du sollst dann befehlen, dass Amyntas wettstreitet.


Menalcas:
Wie sehr der biegsame Weidenbaum der gelbgrünen Olive, wie sehr die niedrige keltische Narde den purpurnen Rosen weicht, so sehr weicht dir Amyntas nach unserem Urteil.
Du jedoch lass Weiteres sein, Junge; Wir sind in eine Höhle gegangen.


Mopsus:
Die Nymphen beweinten den eines grausamen Todes gestorbenen Daphnis oft - Haselgebüsche und Flüsse, ihr seid den Nymphen Zeugen -, als die Mutter den bejammernswerten Körper ihres Sohne umarmte, Götter und grauenhafte Sterne rief.
Nicht irgendjemand, Daphnis, trieb an jenen Tagen weidende Rinder zum kühlen Fluss: Und kein Vierfüßler kostet vom Strom, noch berührt er eine Graspflanze.
Daphnis, auch punische Löwen hätten deinen Tod beweint, sagen sowohl wilde Berge als auch Wälder.
Daphnis hat auch angefangen, armenische Tiger dem Streitwagen anzuspannen, den Bacchuschor aufzuführen und die zähen Speere mit weichen Blättern zu umflechten.
Wie die Rebe den Bäumen zur Zierde ist, wie die Trauben den Reben, wie den Herden die Stiere, wie die Saat ergiebigen Äckern, so warst du für die Deinigen alle Zierde.
Nachdem dich das Schicksal dahingerafft hatte, verließen selbst Pales und selbst Apollo die Äcker.
Aus den Furchen, denen wir oft großkörnige Gerste anvertrauten, wachsen unseliger Lolch und ertragloser Hafer wachsen.
Statt zarter Viole, statt purpurner Narzisse, erheben sich Distel und Judendorn mit spitzen Stacheln.
Bestreut den Boden mit Laub, zieht Schatten über die Quellen, Ihr Hirten (Daphnis befiehlt, Derartiges für ihn zu machen), und errichtet einen Hügel, und fügt dem Hügel ein Gedicht hinzu:
„Ich Daphnis, bekannt von hier in den Wäldern bis zu den Gestirnen, bin Wächter des schönen Viehs, doch schöner bin ich selbst.“


Menalcas:
Dein Gedicht, göttlich inspirierter Dichter, ist für mich so beschaffen, wie Schlummer im Grase für die Ermatteten ist, wie es ist, den Durst auf süßes Wasser während der Mittagszeit mit einem springenden Bach zu löschen.
Nicht nur im Flötenspiel, sondern auch im Gesang kommst du deinem Meister gleich;
Gesegneter Junge, du wirst nun der zweite nach jenem sein.
Ich werde dennoch diese meine Verse wie auch immer dir im Wechselgesang vortragen, und deinen Daphnis wird‘ ich zu den Sternen heben;
Daphnis werd‘ ich zu den Sternen tragen: Auch mich hat Daphnis geliebt.


Mopsus:
Oder mag es irgendetwas größeres als ein derartiges Geschenk für mich geben?
Der Knabe selbst ist es auch wert besungen zu werden und schon lange hat Stimichon mir das Lied angepriesen.


Menalcas:
Strahlend bestaunt Daphnis die ungewohnte Schwelle des Olymp, sieht unter seinen Füßen Wolken und Sterne.
Munteres Vergnügen hält nun Wälder und übrige Felder und Pan und Hirten und dryadische Mädchen.
Weder der Wolf lauert dem Vieh auf, noch heckt irgendein Fanggarn eine List den Hirschen aus: Der gute Daphnis liebt die Muße.
Selbst die unbehauenen Berge erheben ihre Stimmen aus Freude zu den Sternen, selbst die Felsen lassen schon das Lied erklingen, selbst die Sträucher: „ein Gott, ein Gott ist jener, o Menalcas!“
Du sollst den Deinigen heilsam und glückbringend sein! Siehe da: vier Altare. Siehe da, zwei für dich, Daphnis, die anderen zwei für Phoebus.
Ich werde dir jährlich zwei Becher, schäumend vor frischer Milch, und zwei vor Olivenöl triefende Gefäße aufstellen,
und, besonders die Festmahle mit viel Wein ermunternd, werde ich vor dem Herd, wenn es Winter sein wird, im Schatten, wenn es Erntezeit ist, aus Weinschalen ariusische Weine, einen frischen Nektar, gießen.
Für mich werden Damoetas und der Lyktier Aegon singen;
Alphesiboeus wird tanzende Satyren nachahmen.
Diese Dinge werden dir immer sein, sowohl wenn wir die feierlichen Gelübde den Nymphen zukommen lassen, als auch wenn wir die Äcker durchwandern werden.
Solange der Eber die Gipfel der Berge, der Fisch die Flüsse lieben wird, solange die Bienen sich am Thymian, die Zikaden sich am Tau ergötzen werden, werden immer dein Name, deine Ehre und dein Ruhm bleiben.
Wie dem Bacchus und dem Ceres, so werden für dich die Bauern jährlich beten: Auch wirst du ihre Wünsche erfüllen.


Mopsus:
Welche Geschenke soll ich dir für ein solches Gedicht entrichten?
Denn mich erfreut nicht so sehr das Zischen des kommenden Südwinds, nicht so sehr die durch die Flut gepeitschten Gestade, nicht so sehr die Flüsse, die zwischen den felsenreichen Tälern herabströmen.


Menalcas:
Mit dieser zerbrechlichen Rohrpfeiffe werde ich dich zuerst beschenken.
Diese hat mich „Corydon brannte für den schönen Alexis“ gelehrt, ebendieselbe auch „Wessen Vieh ist das? Etwas das des Meliboeus?“


Mopsus:
Aber du, Menalcas, nimm den Hirtenstab, den durch gleiche Knoten und Erz schönen, den Antigenes, obgleich er mich oft fragte, nicht getragen hat (und er war damals würdig, geliebt zu werden).


Hilfen zur Übersetzung

(4) aequum est : es geziemt sich
(6) certare : (+ Dativ) wettstreiten mit
(29) subiungere : in der Bedeutung (jemandem etwas) anspannen mit Ablativ
(40) inducere : etwas (Akkusativ) über etwas (Ablativ) ziehen
(71) novum nectar : Apposition zu „Ariusia vina“; In Ariusia wuchs angeblich der beste Chierwein.
(80) damnabis: die Strafe steht im Ablativ. Als Gott jemanden zum Gelübde verurteilen meint hier den dabei geäußerten Wunsch zu erfüllen.
(81) reddam : dubitativer Konjunktiv



Imperator


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