Übersetzungen - Caesar
Caesar - De Bello Gallico - liber primus - Kapitel 31-41
16.10.2014 - 11:42

Kapitel 31-41: Der Krieg gegen Ariovist I



[31] Furcht der Gallier vor den Germanen
[32] Schicksal der Sequaner
[33] Ermutigung der Gallier
[34] Caesars Gesuch um ein Gespräch mit Ariovist
[35] Anweisungen Caesars an Ariovist
[36] Ariovists hochmütige Antwort
[37] Nachricht der Häduer und Treverer
[38] Besetzung Vesontios
[39] Unruhe im römischen Lager
[40] Anfeuerungsrede Caesars
[41] Effekt der Rede - Aufbruch



31. Furcht der Gallier vor den Germanen - Hilfegesuch an Caesar


[31] Eo concilio dimisso, idem princeps civitatum, qui ante fuerant ad Caesarem, reverterunt petieruntque, uti sibi secreto in occulto de sua omniumque salute cum eo agere liceret. Ea re impetrata sese omnes flentes Caesari ad pedes proiecerunt: non minus se id contendere et laborare, ne ea, quae dixissent, enuntiarentur, quam uti ea quae vellent impetrarent, propterea quod, si enuntiatum esset, summum in cruciatum se venturos viderent. Locutus est pro his Diviciacus Haeduus: Galliae totius factiones esse duas; harum alterius principatum tenere Haeduos, alterius Arvernos. Hi cum tantopere de potentatu inter se multos annos contenderent, factum esse uti ab Arvernis Sequanisque Germani mercede arcesserentur. Horum primo circiter milia XV Rhenum transisse; postea quam agros et cultum et copias Gallorum homines feri ac barbari adamassent, traductos plures; nunc esse in Gallia ad C et XX milium numerum. Cum his Haeduos eorumque clientes semel atque iterum armis contendisse; magnam calamitatem pulsos accepisse, omnem nobilitatem, omnem senatum, omnem equitatum amisisse. Quibus proeliis calamitatibusque fractos, qui et sua virtute et populi Romani hospitio atque amicitia plurimum ante in Gallia potuissent, coactos esse Sequanis obsides dare nobilissimos civitatis et iure iurando civitatem obstringere sese neque obsides repetituros neque auxilium a populo Romano imploraturos neque recusaturos, quo minus perpetuo sub illorum dicione atque imperio essent. Unum se esse ex omni civitate Haeduorum qui adduci non potuerit, ut iuraret aut liberos suos obsides daret. Ob eam rem se ex civitate profugisse et Romam ad senatum venisse auxilium postulatum, quod solus neque iure iurando neque obsidibus teneretur. Sed peius victoribus Sequanis quam Haeduis victis accidisse, propterea quod Ariovistus, rex Germanorum, in eorum finibus consedisset tertiamque partem agri Sequani, qui esset optimus totius Galliae, occupavisset et nunc de altera parte tertia Sequanos decedere iuberet, propterea quod paucis mensibus ante Harudum milia hominum XXIIII ad eum venissent, quibus locus ac sedes pararentur. Futurum esse paucis annis, uti omnes ex Galliae finibus pellerentur atque omnes Germani Rhenum transirent; neque enim conferendum esse Gallicum cum Germanorum agro neque hanc consuetudinem victus cum illa comparandam. Ariovistum autem, ut semel Gallorum copias proelio vicerit, quod proelium factum sit ad Magetobrigam, superbe et crudeliter imperare, obsides nobilissimi cuiusque liberos poscere et in eos omnia exempla cruciatusque edere, si qua res non ad nutum aut ad voluntatem eius facta sit. Hominem esse barbarum, iracundum, temerarium: non posse eius imperia diutius sustineri. Nisi quid in Caesare populoque Romano sit auxilii, omnibus Gallis idem esse faciendum quod Helvetii fecerint, ut domo emigrent, aliud domicilium, alias sedes, remotas a Germanis, petant fortunamque, quaecumque accidat, experiantur. Haec si enuntiata Ariovisto sint, non dubitare, quin de omnibus obsidibus qui apud eum sint gravissimum supplicium sumat. Caesarem vel auctoritate sua atque exercitus vel recenti victoria vel nomine populi Romani deterrere posse, ne maior multitudo Germanorum Rhenum traducatur, Galliamque omnem ab Ariovisti iniuria posse defendere.


[31] Nachdem die Versammlung entlassen worden war, kamen dieselben Stammesführer zurück, die vorher bei Caesar gewesen waren, und baten, dass er ihnen gestatte, mit ihm im Geheimen über ihre eigenes und das Wohl aller zu sprechen. Sie bekamen dies genehmigt und warfen sich allesamt weinend Caesar vor die Füße: Sie seien genauso dringend darauf bedacht, dass die besprochenen Dinge nicht an die Öffentlichkeit gelangten, wie darauf, die Erfüllung ihrer Bitten zu erwirken, und zwar deswegen, weil sie wüssten, dass ihnen schlimmste Qualen bevorstünden, wenn etwas verraten werde. Für diese sprach der Häduer Diviciacus: In ganz Gallien gebe es zwei Parteien; die eine würden die Häduer, die andere die Averner anführen; als sie viele Jahre lang untereinander heftig um die Herrschaft kämpften, sei es dahin gekommen, dass die Arverner und Sequaner germanische Söldner herbeigeholt hätten. Zunächst seien etwa 15.000 von diesen über den Rhein geschritten; nachdem die wilden und barbarischen Menschen Felder, Kultur und Wohlstand der Gallier zu schätzen gelernt hätten, seien mehr hinübergeführt worden. Jetzt befänden sich an die 120.000 in Gallien. Die Häduer und ihre Schutzgenossen seien wiederholt in Kämpfe mit diesen geraten; sie seien geschlagen worden und hätten großes Unheil erlitten, ihren ganzen Adel, ihren ganzen Ältestenrat, ihre ganze Reiterei hätten sie verloren. An diesen Schlachten und Niederlagen seien sie, die früher in Gallien durch ihre Tapferkeit und die Gastfreundschaft und das Bündnis mit dem römischen Volk die höchste Geltung gehabt hätten, zerbrochen, und gezwungen worden, den Sequanern die edelsten Geiseln des Stammes zu stellen und ihren Stamm eidlich zu verpflichten, weder die Geiseln zurückzuverlangen noch Hilfe vom römischen Volk zu erbeten noch sich zu weigern, für immer unter Macht und Befehl jener zu stehen. Er sei der einzige des ganzen Häduerstammes, der nicht dazu habe gebracht werden können, einen Schwur abzulegen oder seine Kinder als Geiseln zu stellen. Deswegen sei er aus seinem Stamm geflohen und nach Rom zum Senat gekommen, um Hilfe zu fordern, weil er allein weder durch Schwur noch durch Geiseln gebunden werde. Aber für die Sequaner, obgleich Sieger, sei es schlimmer als für die besiegten Häduer ausgefallen, weil Ariovist, der König der Germanen, sich in deren Gebiet niedergelassen und ein Drittel ihres Bodens – der beste in ganz Gallien – in Beschlag genommen habe und jetzt den Sequanern befehle, aus einem weiteren Drittel abzuziehen, da vor wenigen Monaten 24.000 Haruder zu ihm gekommen seien, denen er Siedlungsplätze zuweisen müsse. Innerhalb weniger Jahre werde es geschehen, dass alle Gallier aus ihrem Gebiet vertrieben und alle Germanen den Rhein überschreiten würden; denn weder sei der gallische mit dem germanischen Boden noch diese Lebensweise mit jener zu vergleichen. Seitdem Ariovist aber die Truppen der Gallier in der Schlacht bei Magetobriga besiegt habe, herrsche er hochmütig und grausam, fordere die Kinder aller Adligen als Geiseln, und spreche gegen sie allerlei Strafen und Marter aus, wenn irgendetwas nicht nach seinem Wink und Willen gelaufen sei. Er sei ein barbarischer, jähzorniger, unbesonnener Mann: seine Herrschaft könne nicht länger ertragen werden. Wenn es bei Caesar und dem römischen Volk keine Hilfe gebe, dann müssten alle Gallier dasselbe wie die Helvetier tun, nämlich aus ihrer Heimat ziehen, ein anderes Zuhause, andere Wohnsitze, weit von den Germanen entfernt, suchen und ihr Schicksal, wie es auch geartet sein möge, auf die Probe stellen. Wenn Ariovist dies verraten worden sei, so werde er nicht zaudern, über allen Geiseln, die bei ihm seien, die schwerste Strafe zu verhängen. Caesar könne durch seine und seines Heeres Geltung oder seinen jüngsten Sieg oder durch den Ruf des römischen Volkes verhindern, dass keine größere Menge an Germanen über den Rhein geführt werde, und vermöge ganz Gallien vor dem Unrecht Ariovists zu bewahren.


32. Schicksal der Sequaner


[32] Hac oratione ab Diviciaco habita omnes, qui aderant, magno fletu auxilium a Caesare petere coeperunt. Animadvertit Caesar unos ex omnibus Sequanos nihil earum rerum facere quas ceteri facerent sed tristes capite demisso terram intueri. Eius rei quae causa esset, miratus ex ipsis quaesiit. Nihil Sequani respondere, sed in eadem tristitia taciti permanere. Cum ab his saepius quaereret neque ullam omnino vocem exprimere posset, idem Diviacus Haeduus respondit: hoc esse miseriorem et graviorem fortunam Sequanorum quam reliquorum, quod soli ne in occulto quidem queri neque auxilium implorare auderent absentisque Ariovisti crudelitatem, velut si coram adesset, horrerent, propterea quod reliquis tamen fugae facultas daretur, Sequanis vero, qui intra fines suos Ariovistum recepissent, quorum oppida omnia in potestate eius essent, omnes cruciatus essent perferendi.


[32] Nachdem diese Rede von Diviciacus gehalten worden war, begannen alle Anwesenden unter großem Geweine von Caesar Hilfe zu erbitten. Caesar bemerkte, dass die Sequaner als einzige von allen nichts von denjenigen Dingen taten, die die Übrigen machten, sondern traurig mit gesenktem Kopf auf den Boden schauten. Sich wundernd, was der Grund dafür sei, fragte er einen von ihnen. Die Sequaner antworteten nichts, sondern bliebe in ihrer Betrübtheit schweigsam. Als er diese öfters fragte und überhaupt kein Wort aus ihnen herausbringen konnte, antwortete derselbe Häduer Diviciacus: Das Schicksal der Sequaner sei in der Hinsicht elender und schlimmer als das der Übrigen, dass sie als einzige nicht einmal im Geheimen zu klagen oder Hilfe zu erbeten wagen würden und sie vor der Grausamkeit des Ariovist, trotz Abwesenheint, schauderten, als wäre er gegenwärtlich, deswegen weil sich den Übrigen doch wenigstens die Möglichkeit der Flucht biete, die Sequaner aber, die Ariovist in ihr Land aufgenommen hätten, deren Städte allesamt in dessen Gewalt seien, alle Qualen ertragen müssten.


33. Caesar ermutigt die Gallier


[33] His rebus cognitis Caesar Gallorum animos verbis confirmavit pollicitusque est sibi eam rem curae futuram; magnam se habere spem et beneficio suo et auctoritate adductum Ariovistum finem iniuriis facturum. Hac oratione habita, concilium dimisit. Et secundum ea multae res eum hortabantur, quare sibi eam rem cogitandam et suscipiendam putaret, in primis quod Haeduos, fratres consanguineosque saepe numero a senatu appellatos, in servitute atque dicione videbat Germanorum teneri eorumque obsides esse apud Ariovistum ac Sequanos intellegebat; quod in tanto imperio populi Romani turpissimum sibi et rei publicae esse arbitrabatur. Paulatim autem Germanos consuescere Rhenum transire et in Galliam magnam eorum multitudinem venire populo Romano periculosum videbat, neque sibi homines feros ac barbaros temperaturos existimabat, quin, cum omnem Galliam occupavissent, ut ante Cimbri Teutonique fecissent, in provinciam exirent atque inde in Italiam contenderent, praesertim cum Sequanos a provincia nostra Rhodanus divideret; quibus rebus quam maturrime occurrendum putabat. Ipse autem Ariovistus tantos sibi spiritus, tantam arrogantiam sumpserat, ut ferendus non videretur.


[33] Auf diese Kunde ermutigte Caesar die Gallier und versprach ihnen, sich um diese Sache zu kümmern; er habe große Zuversicht, dass Ariovist wegen seiner begünstigenden Vermittlung und seines Ansehens mit den Iniurien aufhören werde. Nach Abhaltung der Rede, entließ er die Versammlung. Und neben diesen Dingen veranlassten ihn noch viele weitere, weshalb er glaubte, diese Sache überdenken und auf sich nehmen zu müssen, inbesondere weil er sah, dass die Häduer, oftmals vom Senat als Brüder und Blutsverwandte bezeichnet, in Knechtschaft und Gewalt der Germanen standen und wusste, dass deren Geiseln bei Ariovist und den Sequanern waren; bei der so großen Macht des römischen Volkes sei dies, so glaubte er, äußerst schändlich für ihn und den Staat. Andererseits sah er darin eine Gefahr für das römische Volk, dass sich die Germanen allmählich daran gewöhnen würden, den Rhein zu überschreiten und eine große Menge von ihnen nach Gallien komme, und er war der Ansicht, dass diese wilden und barbarischen Menschen nicht davor zurückschrecken würden, nach einer Besetzung ganz Galliens, in die Provinz auszuziehen und von dort Italien anzugreifen, wie es zuvor die Kimbern und Teutonen gemacht hätten, zumal da nur die Rhone die Sequaner von unserer Provinz trennt; er glaubte, diesen Dingen möglichst zeitnah entgegentreten zu müssen. Ariovist selbst hatte sich so großen Übermut, so große Anmaßung angeignet, dass er nicht mehr zu ertragen schien.


34. Ariovist lehnt Caesars Gesuch um ein Gespräch ab


[34] Quam ob rem placuit ei, ut ad Ariovistum legatos mitteret, qui ab eo postularent, uti aliquem locum medium utriusque conloquio deligeret: velle sese de re publica et summis utriusque rebus cum eo agere. Ei legationi Ariovistus respondit: si quid ipsi a Caesare opus esset, sese ad eum venturum fuisse; si quid ille se velit, illum ad se venire oportere. Praeterea se neque sine exercitu in eas partes Galliae venire audere quas Caesar possideret, neque exercitum sine magno commeatu atque molimento in unum locum contrahere posse. Sibi autem mirum videri, quid in sua Gallia, quam bello vicisset, aut Caesari aut omnino populo Romano negotii esset.



[34] Deswegen glaubte er, Gesandte zu Ariovist schicken zu müsen, um von ihm zu fordern, dass er irgendeinen Platz in der Mitte von beiden für eine Unterredung bestimme: Er wolle über das Gemeinwesen und höchstwichtige Anliegen von beiden mit ihm verhandeln. Dieser Gesandtschaft antwortete Ariovist: Wenn er irgendetwas von Caesar benötigen würde, so wäre er selbst zu ihm gekommen; wenn jener etwas von ihm wolle, müsse er zu ihm kommen. Außerdem wage er es nicht, ohne sein Heer in diejenigen Teile Galliens zu kommen, die Caesar besitze, und könne sein Heer nur mit großem logistischen Aufwand an einen Platz zusammenziehen. Ferner scheine es ihm wunderlich, was Caesar oder überhaupt das römische Volk in seinem Gallien, das er im Krieg besiegt habe, zu schaffen hätten.


35. Anweisungen Caesars an Ariovist


[35] His responsis ad Caesarem relatis, iterum ad eum Caesar legatos cum his mandatis mittit: quoniam tanto suo populique Romani beneficio adfectus, cum in consulatu suo rex atque amicus a senatu appellatus esset, hanc sibi populoque Romano gratiam referret, ut in conloquium venire invitatus gravaretur neque de communi re dicendum sibi et cognoscendum putaret, haec esse, quae ab eo postularet: primum ne quam multitudinem hominum amplius trans Rhenum in Galliam traduceret; deinde obsides, quos haberet ab Haeduis, redderet Sequanisque permitteret, ut, quos illi haberent, voluntate eius reddere illis liceret; neve Haeduos iniuria lacesseret neve his sociisque eorum bellum inferret. Si id ita fecisset, sibi populoque Romano perpetuam gratiam atque amicitiam cum eo futuram; si non impetraret, sese, quoniam M. Messala, M. Pisone consulibus senatus censuisset, uti quicumque Galliam provinciam obtineret, quod commodo rei publicae facere posset, Haeduos ceterosque amicos populi Romani defenderet, se Haeduorum iniurias non neglecturum.



[35] Nachdem man Caesar diese Antwort vermeldet hatte, schickte Caesar erneut Gesandte zu ihm und zwar mit folgenden Anweisungen: Weil er ihm und dem römischen Volk die verliehene Auszeichnung, unter seinem Konsulat vom Senat „König und Freund“ genannt worden zu sein, auf diese Weise danke, dass er sich weigere trotz Einladung zu einer Unterredung zu kommen und glaube, nicht über eine gemeinsame Angelegenheit sprechen und sich darüber unterrichten lassen zu müssen, so seien dies seine Forderungen an ihn: Erstens solle keine Menschenmenge mehr über den Rhein führen; zweitens solle er die Geiseln zurückgeben, die er von den Häduern habe, und den Sequaner gestatten, nach seinem Willen die Geiseln zurückzugeben, die sie hätten; weder sollen sie den Häduern Unrecht antun noch diese und deren Schutzgenossen mit Krieg überziehen. Wenn dies so geschehen sein werde, würden er und das römische Volk fortwährend ein gutes Verhältnis und Freundschaft mit ihm haben; wenn er dies nicht durchsetze, dann werde er die Unrechte an den Häduern nicht ungeahndet lassen, weil ja der Senat unter den Konsuln Marcus Messala und Marcus Piso beschlossen habe, dass der Statthalter von Gallien – soweit er es im Staatsinteresse tun könnte – die Häuder und übrigen Freunde des römischen Volkes verteidigen solle.


36. Ariovists hochmütige Antwort


[36] Ad haec Ariovistus respondit: ius esse belli, ut, qui vicissent, iis, quos vicissent, quem ad modum vellent, imperarent. Item populum Romanum victis non ad alterius praescriptum, sed ad suum arbitrium imperare consuesse. Si ipse populo Romano non praescriberet quem ad modum suo iure uteretur, non oportere se a populo Romano in suo iure impediri. Haeduos sibi, quoniam belli fortunam temptassent et armis congressi ac superati essent, stipendiarios esse factos. Magnam Caesarem iniuriam facere, qui suo adventu vectigalia sibi deteriora faceret. Haeduis se obsides redditurum non esse neque his neque eorum sociis iniuria bellum inlaturum, si in eo manerent, quod convenisset, stipendiumque quotannis penderent; si id non fecissent, longe iis fraternum nomen populi Romani afuturum. Quod sibi Caesar denuntiaret se Haeduorum iniurias non neglecturum, neminem secum sine sua pernicie contendisse. Cum vellet, congrederetur: intellecturum quid invicti Germani, exercitatissimi in armis, qui inter annos XIIII tectum non subissent, virtute possent.



[36] Darauf antwortete Ariovist dies: Es sei Kriegsrecht, dass die Sieger über die Besiegten herrschen, wie sie wollen. Ebenso gebiete das römische Volk für gewöhnlich den Besiegten nicht nach der Vorschrift eines anderen, sondern nach seinem eigenen Ermessen. Wenn er selbst dem römischen Volke keine Vorschriften mache, wie es sein Recht gebrauchen dürfe, dann dürfe er auch nicht vom römischen Volk an seinem Recht gehindert werden. Die Häuder seien von ihm zu Steuerabgaben verpflichtet worden, weil sie das Kriegsglück versucht, sich auf einen Kampf eingelassen hätten und besiegt worden seien. Caesar tue großes Unrecht, wenn er ihm durch seine Ankunft die Steuereinnahmen schmälere. Den Häduern werde er ihre Geiseln nicht zurückgeben, doch weder diesen noch deren Schutzgenossen unrechtmäßig Krieg bringen, wenn sie dabei blieben, worüber man sich geeinigt hatte, und jährlich ihren Tribut zahlen würden; falls sie dies nicht täten, werde ihnen der Bruder-Ehrentitel des römischen Volkes überhaupt nichts nützen. Was das betreffe, dass Caesar ihm vermelden lasse, er werde die Unrechte an den Häduern nicht ungeahndet lassen, so solle er wissen, dass sich niemand mit ihm ohne sein eigenes Verderben gemessen habe. Wenn er das wolle, solle er komme: Er werde dann sehen, was die unbesiegten Germanen, bestens im Umgang mit Waffen geschult, 14 Jahre unter kein Dach gekommen, durch ihre Tapferkeit zu leisten vermögen.


37. Nachricht der Häduer und Treverer über germanische Bewegungen


[37] Haec eodem tempore Caesari mandata referebantur et legati ab Haeduis et a Treveris veniebant: Haedui questum, quod Harudes, qui nuper in Galliam transportati essent, fines eorum popularentur: sese ne obsidibus quidem datis pacem Ariovisti redimere potuisse; Treveri autem, [I]pagos centum Sueborum ad ripas Rheni consedisse, qui Rhemum transire conarentur; his praeesse Nasuam et Cimberium fratres. Quibus rebus Caesar vehementer commotus maturandum sibi existimavit, ne, si nova manus Sueborum cum veteribus copiis Ariovisti sese coniunxisset, minus facile resisti posset. Itaque re frumentaria, quam celerrime potuit, comparata magnis itineribus ad Ariovistum contendit.



[37] Zur selben Zeit, wo Caesar diese Weisungen übermittelt wurden, kamen Legaten von den Häduern und Treverern: Die Häduer beklagten, dass die Haruden, die kürzlich nach Gallien übergesetzt worden seien, ihr Gebiet verwüsten würden. Nicht einmal durch die Stellung von Geiseln hätten sie Frieden von seiten Ariovists erkaufen können; die Treverer vermeldeten, dass sich hundert Gaue der Sueben in der Nähe des Rheinufers niedergelassen hätten, um eine Rheinüberquerung zu versuchen; das Kommando würden die Brüder Nasua und Cimberius haben. Durch diese Sachen schwer beunruhigt, war Caesar der Ansicht, schnell handeln zu müssen, damit – falls sich die neue Schar der Sueben mit den alten Truppen des Ariovists vereinigen würde – nicht weniger effektiv Widerstand geleistet werden könne. Deshalb rückte er, nach schnellstmöglicher Besorgung des Proviants, in Eilmärschen zu Ariovist vor.


38. Caesar besetzt Vesontio als geostrategisch wichtigen Stützpunkt


[38] Cum tridui viam processisset, nuntiatum est ei Ariovistum cum suis omnibus copiis ad occupandum Vesontionem, quod est oppidum maximum Sequanorum, contendere [triduique viam a suis finibus processisse]. Id ne accideret, magnopere sibi praecavendum Caesar existimabat. Namque omnium rerum, quae ad bellum usui erant, summa erat in eo oppido facultas, idque natura loci sic muniebatur, ut magnam ad ducendum bellum daret facultatem, propterea quod flumen Dubis ut circino circumductum paene totum oppidum cingit, reliquum spatium, quod est non amplius pedum MDC, qua flumen intermittit, mons continet magna altitudine, ita ut radices eius montis ex utraque parte ripae fluminis contingant, hunc murus circumdatus arcem efficit et cum oppido coniungit. Huc Caesar magnis nocturnis diurnisque itineribus contendit occupatoque oppido ibi praesidium conlocat.



[38] Nach dreitägigem Marsch wurde ihm vermeldet, dass Ariovist mit all seinen Truppen zur Eroberung von Vesontio, der größten Stadt der Sequaner, ausrücke und bereits einen Dreitagesmarsch von seinem Gebiet vorgerückt sei. Caesar glaubte, er müsse dringend dafür Sorge tragen, dass dies nicht geschehe. Denn in der Stadt gab es einen äußerst großen Vorrat an allen Dingen, die zum Krieg nützten, und diese wurde durch die Beschaffenheit des Geländes so geschützt, dass sie eine gute Möglichkeit zur Kriegsführung bot, deswegen weil die Doubs, wie mit einem Zirkel herumgeführt, beinahe die ganze Stadt umgürtet. Den übrigen Raum, der nicht weiter als 1.600 Fuß ist, wo der Fluss nicht fließt, nimmt ein Berg von solch großer Höhe ein, dass die Flussufer dessen Ausläufer auf beiden Seiten berühren. Eine rings errichtete Mauer macht den Berg zur Festung, und verbindet ihn mit der Stadt. Hierhin eilte Caesar bei Tag und Nacht im Sturmschritt und ließ nach Einnahme der Stadt einen Posten dort aufstellen.


39. Unruhe im römischen Lager - Furcht vor den Germanen


[39] Dum paucos dies ad Vesontionem rei frumentariae commeatusque causa moratur, ex percontatione nostrorum vocibusque Gallorum ac mercatorum, qui ingenti magnitudine corporum Germanos, incredibili virtute atque exercitatione in armis esse praedicabant (saepe numero sese cum his congressos ne vultum quidem atque aciem oculorum dicebant ferre potuisse), tantus subito timor omnem exercitum occupavit, ut non mediocriter omnium mentes animosque perturbaret. Hic primum ortus est a tribunis militum, praefectis, reliquisque, qui ex urbe amicitiae causa Caesarem secuti non magnum in re militari usum habebant: quorum alius alia causa inlata, quam sibi ad proficiscendum necessariam esse diceret, petebat, ut eius voluntate discedere liceret; non nulli pudore adducti, ut timoris suspicionem vitarent, remanebant. Hi neque vultum fingere neque interdum lacrimas tenere poterant: abditi in tabernaculis aut suum fatum querebantur aut cum familiaribus suis commune periculum miserabantur. Vulgo totis castris testamenta obsignabantur. Horum vocibus ac timore paulatim etiam ii qui magnum in castris usum habebant, milites centurionesque quique equitatui praeerant, perturbabantur. Qui se ex his minus timidos existimari volebant, non se hostem vereri, sed angustias itineris et magnitudinem silvarum, quae intercederent inter ipsos atque Ariovistum, aut rem frumentariam, ut satis commode supportari posset, timere dicebant. Non nulli etiam Caesari nuntiabant, cum castra moveri ac signa ferri iussisset, non fore dicto audientes milites neque propter timorem signa laturos.



[39] Während er wenige Tage bei Vesontio der Getreideversorgung und des übrigen Proviants wegen verweilte, ergriff in Folge der Erkundigung unserer Leute und des Gerede der Gallier und der Händler, die behaupteten, dass die Germanen eine gewaltige Körpergröße, unglaubliche Tapferkeit und Übung im Waffengebrauch hätten (oft hätten sie in Zusammentreffen mit diesen nicht einmal ihre Miene und die Schärfe ihrer Augen ertragen können), plötzlich eine so große Furcht das gesamte Heer, dass sie Verstand und Gemüt aller in hohem Maße beunruhigte. Diese Furcht fing beim Militärtribun, den Präfekten und übrigen Leuten an, die Caesar wegen Freundschaft aus Rom gefolgt waren und keine große Erfahrung im Militärwesen hatten: der eine ersuchte unter diesem, der andere unter jenem Vorwand, der ihn angeblich zur Abreise zwinge, von Caesar die Erlaubnis, abreisen zu dürfen. Nur wenige schämten sich und blieben, um dem Verdacht der Furcht zu entgehen. Doch konnten sie weder ihren Gesichtsausdruck verstellen noch bisweilen ihre Tränen unterdrücken. In ihren Zelten versteckt beklagten sie entweder ihr Schicksal oder jammerten mit ihren Bekannten über die gemeinsame Gefahr. Allgemein wurden im ganzen Lager Testamente versiegelt. Durch deren Gerede und Furcht wurden allmählich auch die kampferfahren Soldaten, Zenturionen und Reiteroffiziere in Unruhe gebracht. Wer von diesen nicht ängstlich scheinen wollte, sagte, dass er nicht den Feind fürchte, sondern die Engpässe und die Größe der Wälder, die zwischen ihnen und Ariovist lägen, oder, dass die Getreideversorgung nicht angemessen funktioniere. Einige vermeldeten Caesar auch, dass die Soldaten, wenn er den Befehl zum Abmarsch gegeben haben werde, seinem Wort nicht gehorchen und aus Furcht nicht ausrücken würden.


40. Anfeuerungsrede Caesars


[40] Haec cum animadvertisset, convocato consilio omniumque ordinum ad id consilium adhibitis centurionibus, vehementer eos incusavit: primum, quod aut quam in partem aut quo consilio ducerentur sibi quaerendum aut cogitandum putarent. Ariovistum se consule cupidissime populi Romani amicitiam adpetisse; cur hunc tam temere quisquam ab officio discessurum iudicaret? Sibi quidem persuaderi cognitis suis postulatis atque aequitate condicionum perspecta eum neque suam neque populi Romani gratiam repudiaturum. Quod si furore atque amentia impulsum bellum intulisset, quid tandem vererentur? Aut cur de sua virtute aut de ipsius diligentia desperarent? Factum eius hostis periculum patrum nostrorum memoria Cimbris et Teutonis a C. Mario pulsis [cum non minorem laudem exercitus quam ipse imperator meritus videbatur]; factum etiam nuper in Italia servili tumultu, quos tamen aliquid usus ac disciplina, quam a nobis accepissent, sublevarint. Ex quo iudicari posse, quantum haberet in se boni constantia, propterea quod, quos aliquam diu inermes sine causa timuissent, hos postea armatos ac victores superassent. Denique hos esse eosdem Germanos, quibuscum saepe numero Helvetii congressi non solum in suis sed etiam in illorum finibus plerumque superarint, qui tamen pares esse nostro exercitui non potuerint. Si, quos adversum proelium et fuga Gallorum commoveret, hos, si quaererent, reperire posse diuturnitate belli defatigatis Gallis Ariovistum, cum multos menses castris se ac paludibus tenuisset neque sui potestatem fecisset, desperantes iam de pugna et dispersos subito adortum magis ratione et consilio quam virtute vicisse. Cui rationi contra homines barbaros atque imperitos locus fuisset, hac ne ipsum quidem sperare nostros exercitus capi posse. Qui suum timorem in rei frumentariae simulationem angustiasque itineris conferrent, facere arroganter, cum aut de officio imperatoris desperare aut praescribere viderentur. Haec sibi esse curae; frumentum Sequanos, Leucos, Lingones subministrare, iamque esse in agris frumenta matura; de itinere ipsos brevi tempore iudicaturos. Quod non fore dicto audientes neque signa laturi dicantur, nihil se ea re commoveri: scire enim, quibuscumque exercitus dicto audiens non fuerit, aut male re gesta fortunam defuisse aut aliquo facinore comperto avaritiam esse convictam. Suam innocentiam perpetua vita, felicitatem Helvetiorum bello esse perspectam. Itaque se, quod in longiorem diem conlaturus fuisset, repraesentaturum et proxima nocte de quarta vigilia castra moturum, ut quam primum intellegere posset, utrum apud eos pudor atque officium an timor plus valeret. Quod si praeterea nemo sequatur, tamen se cum sola decima legione iturum, de qua non dubitet, sibique eam praetoriam cohortem futuram. Huic legioni Caesar et indulserat praecipue et propter virtutem confidebat maxime.


[40] Dessen gewahr ließ er eine Versammlung einberufen und die Zenturionen aller Kompanien zu dieser Versammlung hinzuziehen. Heftig klagte er sie an: zunächst, dass sie glaubten, sie hätten zu fragen oder darüber nachzudenken, in welche Gegend oder mit welchem Beschluss sie geführt würden. Ariovist habe unter seinem Konsulat äußerst eifrig Freundschaft mit dem römischen Volk angestrebt; warum glaube irgendjemand, dass dieser so leichtfertig seine Pflicht vernachlässigen werde? Er jedenfalls sei überzeugt, dass Ariovist, nachdem er seine Forderungen gehört und die Rechtmäßigkeit seiner Bedingungen durchschaut habe, weder seine noch des römischen Volkes Gunst verschmähen würde. Wenn er nun von Raserei und Wahnsinn getrieben Krieg bringe, was würden sie dann fürchten? Oder warum sie an ihrer eigenen Tapferkeit oder seiner Umsicht zweifeln würden? Zur Zeit unserer Väter habe sich eine Entscheidungsschlacht mit diesem Feind ereignet, wo die Kimbern und Teutonen von Gaius Marius besiegt worden seien (als sich das Heer scheinbar keinen geringeren Ruhm als der Feldherr selbst verdiente); noch vor Kurzem sei in Italien beim Sklavenaufstand mit demselben Feind gekämpft worden, den doch Übung und Zucht, die er von uns erhalten habe, einigermaßen unterstützt hätten. Daran könne man erkennen, wie gut es sei, Mut zu haben, deswegen weil sie diejenigen, die sie eine Weile lang unbewaffnet grundlos gefürchtet hätten, hinterher auch bewaffnet und siegreich bezwungen hätten. Letztlich seien dies dieselben Germanen, mit denen die Helvetier oftmals aneinandergeraten seien und die sie nicht nur in ihrem, sondern auch in deren Gebiet häufig besiegt hätten; doch die Helvetier hätten unserem Heer nicht standhalten können. Wenn es Soldaten gebe, welche die Niederlage und Flucht der Gallier beunruhige, dann könnten diese, falls sie sich erkundigten, herausfinden, dass Ariovist, als die Gallier durch die Dauer des Krieges schon zermürbt gewesen seien und nachdem er sich selbst viele Monate im Lager und Sümpfen aufgehalten und nicht auf ein Gefecht eingelassen habe, jene, die schon nicht mehr an einen Kampf geglaubt hätten und verstreut gewesen seien, plötzlich angegriffen habe, und mehr durch Kalkül und Plan als durch Tapferkeit gesiegt habe. Nicht einmal Ariovist selbst hoffe, dass durch diese Taktik, die gegen barbarische und unerfahrene Menschen am rechten Platz gewesen sei, unsere Heere überwältigt werden könnten. Wer seine Furcht auf die zum Vorwand genommene Getreideversorgung und die Engstellen schiebe, handele anmaßend, weil er entweder am pflichtmäßigen Handeln seines Führers zweifle oder ihm Vorschriften mache. Diese sei seine Sorge; das Getreide würden die Sequaner, Leuzer und Lingonen zur Verfügung stellen, und reifes Getreide sei bereits auf den Feldern; über den Weg könnten sie selbst in Kürze urteilen. Was das betreffe, dass sie ihnen nachgesagt werde, sie wollten ihm den Gehorsam verweigern und nicht abmarschieren: dadurch werde er nicht beunruhigt werde. Denn er wisse, allen Feldherren, denen ihr Heer nicht hörig gewesen sei, habe entweder nach einer Niederlage das Glück gefehlt oder sei durch irgendeine bekannt gewordene Untat Habgier nachgewiesen worden. Seine Rechtschaffenheit sei durch sein ganzes Leben, sein Glück durch den Krieg mit den Helvetiern sichtlich geworden. Daher werde er auf der Stelle ausführen, was er auf einen späteren Tag aufgeschoben habe, und in der nächsten Nacht bei der vierten Nachtwache abmarschieren, um möglichst bald zu sehen, ob bei ihnen das Ehr- und Pflichtgefühl oder die Furcht stärker sei. Sollte ihm nun aber niemand folgen, dann werde er dennoch mit der zehnten Legion allein aufbrechen, an der er nicht zweifle, und diese werde er als Leibwache haben. Dieser Legion gegenüber hatte Caesar besonderes Wohlwollen und wegen ihrer Tapferkeit größtes Vertrauen.


41. Effekt der Rede - Aufbruch


[41] Hac oratione habita mirum in modum conversae sunt omnium mentes summaque alacritas et cupiditas belli gerendi innata est, princepsque X legio per tribunos militum ei gratias egit, quod de se optimum iudicium fecisset, seque esse ad bellum gerendum paratissimam confirmavit. Deinde reliquae legiones cum tribunis militum et primorum ordinum centurionibus egerunt uti Caesari satis facerent: se neque umquam dubitasse neque timuisse neque de summa belli suum iudicium sed imperatoris esse existimavisse. Eorum satisfactione accepta et itinere exquisito per Diviciacum, quod ex Gallis ei maximam fidem habebat, ut milium amplius quinquaginta circuitu locis apertis exercitum duceret, de quarta vigilia, ut dixerat, profectus est. Septimo die, cum iter non intermitteret, ab exploratoribus certior factus est Ariovisti copias a nostris milia passuum IIII et XX abesse.


[41] Nach dieser Rede kehrte sich die Gesinnung aller auf wundersame Weise um und größte Munterkeit und Kriegsgier kamen auf; als erste dankte ihm die zehnte Legion durch ihre Militärtribunen, dass er über sie das beste Urteil gefällt habe, und bestätigte, dass sie in größter Bereitschaft zum Kriegführen stünden. Dann beabsichtigten die übrigen Legionen mit ihren Militärtribunen und den Zenturionen der ersten Kompanien, sich bei Caesar zu entschuldigen: Weder hätten sie jemals gezweifelt noch sich gefürcht noch gemeint, dass die Entscheidung über die Heeresleitung ihre, sondern des Feldherrn Sache sei. Nachdem er deren Entschuldigung angenommen hatte, ließ er durch Diviciacus, weil er ihm am meisten von den Galliern vertraute, einen Weg ausfinding machen, um das Heer in einem Umweg von mehr als vierzig Meilen über offenes Gelände zu führen, und brach, wie er gesagt hatte, zur vierten Nachtwache auf. Als er sieben Tage ununterbrochen marschiert war, wurde er von Spähern benachrichtigt, dass die Truppen Ariovists 24 Meilen von unseren entfernt seien.


Anmerkungen und Hilfen


[31]
si enuntiatum esset : Konj. Plusquamperfekt als Futur II Konjunktiv Ersatz (oratio obliqua!); im Dt. eig. „wenn etwas verraten worden sein werde“; die Vorzeitigkeit in der Zukunft bezeichnenen wir aber gewöhnlich nicht
Galliae totius : Gen. possessivus
contenderent : der Imperfekt (durativer Aspekt), weil die Handlung noch nicht abgeschlossen ist, als sich die Handlung factum esse ereignete
adamassent : [ = adamavissent]
iure iurando civitatem obstringere sese neque obsides repetituros : obstringere macht hier civitatem als Objekt, sowie sese und repetituros als AcI von sich abhänging; sese (…) repetituros usw. ist constructio ad sensum
auxilium postulatum : letzteres ist Supinum und regiert auxilium
victoribus Sequanis : Dativ; victoribus ist prädikativ
quibus locus ac sedes pararentur : finaler Relativsatz
neque enim conferendum esse Gallicum cum Germanorum agro neque hanc consuetudinem victus cum illa comparandam : man beachte den Chiasmus (Gallicum + agro Germanorum vs. hanc consuetudinem + illa), der die Unvereinbarkeit beider Völker heraushebt
omnia exempla : sind eig. die „Strafbeispiele“; bei Missverhalten wurde eine gewisse Strafe als Exempel statuiert, sodass mögliche Nachahmungstäter wüssten, was auf sie zukäme, wenn sie dem Ariovist nicht gehorchten
ne maior multitudo Germanorum Rhenum traducatur : auch im Passiv steht bei traducere der Gegenstand, über den das Hinüberführen stattfindet, im Akkusativ

[32]
respondere (…) permanere : historische Infinitive
hoc : Abl. instrumenti oder limitationis
quod : expliziert hoc
Sequanis : Dativus auctoris
beneficio suo : cf. Caes. Gall. 1, 35; suo ist reflexiv auf Caesar
secundum ea : ea = Akk. Pl. n.
saepe numero : fester Ausdruck, zuweilen auch zusammengeschrieben saepenumero; numero ist Abl. limitationis

[34]
qui ab eo postularent : finaler Relativsatz
aliquem locum medium utriusque : medium ist prädikativ zu locum, utriusque ist partitiv zu medium
conloquio : Dat. finalis
si quid ipsi a Caesare opus esset, sese ad eum venturum fuisse : irreale Periode in der oratio obliqua; in der Apodosis steht der Inf. Perf. der coniugatio periphrastica
se velit : velle mit Akk.-Obj. „jmd. sprechen wollen“
commeatu atque molimento : Hen dia dyoin
quid in sua Gallia (…) Caesari (…) negotii esset. : wörtlich „was an Geschäft dem Caesar in seinem Gallien sei“
quoniam tanto suo populique Romani beneficio adfectus, cum in consulatu suo rex atque amicus a senatu appellatus esset, hanc sibi populoque Romano gratiam referret : etwas wörtlicher: „weil er, obgleich mit seiner und des römischen Volkes so großen Auszeichnung versehen, als/indem er unter seinem Konsulat vom Senat „König und Freund“ genannt worden war, ihm und dem römischen Volk diesen Dank abstattete, dass (…)“
amplius : einen weiteren Zuwachs bezeichnend, wie unser „mehr“
gratiam atque amicitiam cum eo : gratia geht hier semantisch in die Richtung von amicitia; cum eo wird von beiden gebraucht (apo koinou)
Si id ita fecisset : cf. Caes. Gall. 1, 31 si enuntiatum esset, s. dort auch die erste Fußnote
quod commodo rei publicae facere posset : Subjekt des Satzes ist immer noch der Gouverneur Galliens; commodo ist Abl. instrumenti bzw. modi; quod ist restriktiv

[36]
qui vicissent : Subjekt des ut-Satzes
Haeduos sibi (…) stipendiarios esse factos : stipendiarios ist prädikativ
qui suo adventu vectigalia sibi deteriora faceret : der RS hat konditionalen Nebensinn; deteriora wie zuvor stipendiarios
quod convenisset : convenit „man einigt sich“, gewöhnlich + de aliqua re, hier mit Pronomen, wie auch viele Verben, die gewöhnlich nicht mit Akk. konstruiert werden, im Falle eines Pronomens mit dem Akk. stehen, z. B. studere

[37]
questum : Supinum, abhängig von veniebant
pacem Ariovisti : Gen. subiectivus; Frieden durch die Vermittlung Ariovists
Treveri autem : add. dictum (Supinum), cf. questum

[38]
Vesontionem, quod est oppidum : das Relativum richtet sich in Genus und Numerus nach dem Prädikatsnomen und nicht nach seinem Bezugswort
quae ad bellum usui erant : usui ist Dat. finalis und macht ad bellum von sich abhängig
idque : bezieht sich auf oppido
propterea quod flumen Dubis (…) cingit, reliquum spatium (…) mons continet (…) hunc murus cum oppido coniungit. : es werden drei Gründe genannt, die asyndetisch verbunden sind
radices : „Wurzeln, Ausläufer“, Akk.

[39]
quorum alius alia causa inlata (…) petebat : eig. „ein anderer von diesen ersuchte durch einen anderen vorgetragen Vorwand“ – im Dt. nicht nachahmbar; wir sagen „der eine ersuchte mit diesem, der andere mit jenem Vorwand“
aut rem frumentariam, ut satis commode supportari posset, timere : von timere hängen sowohl rem frumentariam als auch der ut-Satz ab, der übrigens im Dt. negiert wiederzugeben ist, cf. finale Objektsätze

[40]
Quod si (…) intulisset, quid tandem vererentur : Die Konjunktive sind Ersatz für den Konj. Futur II und I
exercitus quam ipse imperator meritus videbatur : NcI, add. esse
servili tumultu : die Rede ist vom Aufstand des Spartacus
factum etiam nuper : es ist in etwa wieder eius hostis periculum zu denken
quos tamen (…) : constructio ad sensum
aliquid : adverbiell (limitativ)
quantum haberet in se boni constantia : eig. „wie viel gutes Mut/Standhaftigkeit in sich habe“
Si, quos : [ = si esse homines, quos]
diuturnitate belli defatigatis Gallis : Abl. abs.
sui potestatem fecisset : idiomatisch – facere sui potestatem alci sich beikommen lassen, sich in ein Gefecht einlassen [Lateinisch-deutsches Handwörterbuch: potestas, S. 3. Digitale Bibliothek Band 69: Georges: Lateinisch-deutsches Wörterbuch, S. 43820 (vgl. Georges-LDHW Bd. 2, S. 1813)]
Cui rationi (…) locus fuisset, hac : disp. hac ratione, cui (…) locus fuisset, (…); das Bezugswort des Relativsatzes wird im RS wiederholt (dort im entsprechenden Kasus), fehlt aber nach hac
Cui rationi contra homines barbaros atque imperitos locus fuisset : cui (rationi) ist Dat. possessivus; Sinn: „mit einer solchen Taktik kann man törichte Barbaren bezwingen, aber doch nicht das römische Heer!“
Qui suum timorem in rei frumentariae simulationem angustiasque itineris conferrent : vor angustiasque itineris ist ebenfalls ein in zu denken; nur rei frumentariae ist von simulationem abhängig, denn nur diese ist vorgeschützt, während die Engstellen tatsächlich existieren; dennoch sind auch diese nicht der wahre Grund, sondern die Germanen
Quod (…) dicantur : limitatives quod
quibuscumque, (…), aut male re gesta fortunam defuisse aut aliquo facinore comperto avaritiam esse convictam : der Relativsatz stellt das Dativobjekt zu defuisse; der Konstruktion geschuldet, scheint convincere hier auch mit Dativobjekt (ebenfalls durch den Relativsatz realisiert) zu stehen; gewöhnlich heißt es aliquem alicuius rei convincere „jemanden einer Sache überführen“, hier aliquid convincere (alicui?) „jemandem etwas nachweisen“
quam primum : quam + Superlativ = möglichst; daher „möglichst als nächstes / bald“
praetoriam cohortem : praetorius „zum Feldherrn gehörig“
sequatur : Coniunctivus potentialis

[41]
milium amplius quinquaginta circuitu : milium hängt als Gen. qualitatis von circuitu ab; amplius modifiziert dieses (appositionell) und regiert quinquaginta (milibus) als Abl. comparationis


Imperator


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